schurians runde welten
: Eine glänzender Fußballer

„Er wird diese Talsohle durchschreiten.“ (Joachim Löw)

Gesehen? Jan Schlaudraff hat schütteres Haar. Auf dem Kopf des offensiven Nationalspielers glänzt Haut durch die leichten Locken, was mir leid tut, er ist doch erst 23. Ganz ähnlich fiel mir irgendwann auch der Haarausfall von Michael Ballack auf. Ich scheine wirklich viel Feingefühl dafür zu haben, wenn Lockenköpfe kahle Stellen bekommen. Vermutlich habe ich selbst Angst davor. Dabei ist es wahrscheinlich nur das gleißende Flutlicht, die 100.000 Bundesliga-Watt, die auch behaarteste Spielerglatzen zum Leuchten bringen. Wenn ich dort spielen würde, würden sie auch auf mich mit dem Finger zeigen können, mich einen eitlen Opa rufen, sich fragen, warum trägt er sie nicht golfgrünkurz?

Nicht nur Schlaudraffs Haare liegen mir besonders am Herzen. Dass mich der Noch-Aachener so bewegt, hat noch weitere Gründe. Ja, für Menschen wie mich kann Jan Schlaudraff zu einer Art „Neo“ werden, also ein Befreier aus der Welt der Klischees, sollte aus ihm beim FC Bayern ein großer Fußballstar werden. Leute wie uns fragen flüchtige Reisebekanntschaften recht hirnlahm „katholisch oder evangelisch?“ Ich habe das sogar schon von taz-Autoren vernommen, die sonst nicht auf den Kopf gefallen sind. Von zehn zufälligen Reisebekanntschaften zitieren fünf die Bauernregel über missratene Kinder und Vieh. Und wenigstens zwei erinnern sich an Gudrun Ensslin. Es gab eine Zeit, da war mir das die liebste Reaktion.

Ja, ich teile mit Schlaudraff das Schicksal, ein Pfarrerssohn zu sein, was übrigens für uns Christennachwuchs weit weniger Bedeutung hat als für die Mitmenschheit. Schlaudraff ist meines Wissens jedenfalls der erste Bundesligaprofi mit diesem familiären Hintergrund. Und ich hoffe, er wird für uns Pfarrerskinder zum Pionier, zum Hoffnungsträger – egal mit welcher Haartracht.

Die allerbesten Antworten von Pfarrerskindern auf die dumme Frage „katholisch oder evangelisch?“ lauten: a) „Katholisch wäre ja schwierig!“, b) „Ist geheim!“ und c) „Was ist evangelisch?“

Die Fundsache der Woche: Die Sportgemeinschaft Schönebeck ist Frauen-Bundesligist aus Essen mit einem rührend rührigen Manager, der sich dafür einsetzt, das deutsche Frauen-Pokalendspiel von Berlin in die Schalke-Arena zu verlegen. Das Problem: Außer Willi Wißing und seiner SG Schönebeck will das nur noch der FC Schalke 04. Und jetzt mal unter uns Pastorentöchern – es könnte vielleicht auch an solch‘ zweideutigen Sätzen liegen, werter Herr Wißing: „Wir müssen weg vom Gedanken, dass das Frauenfinale lediglich als eine Art Vorspiel gilt.“ Mir ist das peinlich.CHRISTOPH SCHURIAN