Soyinka besucht Nigeria am Rande der nächsten Krise

■ Während der Schriftsteller sich feiern läßt, streitet die Opposition mit der Wahlkommission

Lagos/Berlin (AP/taz) – Tausende von Oppositionsanhängern haben am Mittwoch abend in Nigerias größter Stadt Lagos den Schriftsteller Wole Soyinka bei seiner Rückkehr aus dem Exil begrüßt. Sie trugen ihn auf den Schultern und riefen Parolen wie „Willkommen unser König!“

Soyinka will vorerst eine bis zwei Wochen in Nigeria bleiben. Der Besuch des berühmtesten Dissidenten Nigerias unterstreicht die Liberalisierung, die das Land seit dem Tod des Militärdiktators Sani Abacha erlebt. Abachas Nachfolger Abdulsalam Abubakar will nach Wahlen im Februar 1999 die Macht am 29. Mai an einen gewählten Nachfolger abgeben.

Doch ausgerechnet jetzt beginnt das politische Klima sich wieder zu verdüstern. Oppositionsgruppen klagen über Unregelmäßigkeiten bei der Wählerregistrierung, die als erster Schritt der Demokratisierung am 5. Oktober begann und am 19. Oktober abgeschlossen werden soll. Die Allianz für Demokratie (AD), die wichtigste aus der Demokratiebewegung hervorgegangene Partei, drohte am Dienstag mit dem Ausstieg aus dem Wahlprozeß.

Die AD klagte, daß viele wahlberechtigte Bürger mit leeren Händen davongehen, wenn sie sich zwecks Registrierung bei den Büros der Wahlkommission melden. Die unabhängige Wahlkommission hat zwar 60 Millionen Wahlkarten gedruckt, was der geschätzten Zahl von Wahlberechtigten in Nigeria entspricht, aber nach Presseberichten gingen in vielen Landesteilen die Karten schon nach drei Tagen aus, obwohl viele Menschen keine bekommen hatten. Die Vorwürfe reichen von ethnischer Diskriminierung bis hin zum Erwerb ganzer Stapel von Wahlkarten durch Politiker, die sich damit vorab Stimmen kaufen. Angestellte der Wahlkommission sollen bei diesen Betrügereien mitgemacht haben.

Kommissionschef Ephraim Akpata hat jetzt einige Vorwürfe bestätigt und eine Untersuchung versprochen. Er wies jedoch eine Forderung des oppositionellen „Southern Leaders Council“ (SLC) zurück, die Registrierung um eine Woche zu verlängern.

Der SLC, der alle einflußreichen Politiker aus dem Süden Nigerias versammelt, kritisierte am Dienstag außerdem, daß Juntachef Abubakar keine gesetzliche Grundlage für das Amt eines gewählten Präsidenten geschaffen habe. Es bestehe die Gefahr, daß der nächste Präsident „ein ineffektiver Herrscher in einem Kreis feindlicher Sicherheitskräfte“ werde. D.J.