US-Nothilfe für Kabila

■ Zwar wenden sich Bergbaufirmen vom Kongo wieder ab, aber ein US-Konzern übernimmt nun die Planung von Kabilas Wirtschaftspolitik

Brüssel (taz) – Als Laurent Kabilas Allianz Demokratischer Kräfte für die Befreiung des Kongo ihren Kampf gegen das Mobutu-Regime aufnahm, träumten viele Investoren, vor allem in den USA, von herrlichen Chancen, die im rohstoffreichen Zaire nach dem Sieg für sie offenstehen könnten. Nun, fünf Monate nach der Errichtung der Demokratischen Republik Kongo, ist der Enthusiasmus verflogen.

Ein Grund ist die andauernde Rechtsunsicherheit. So wurde der belgischen Bergbaugruppe Kimin ihre Goldkonzession um Mongbwalu im Nordosten des Kongo entzogen, weil sie nach Ansicht der Regierung Kabila nicht genug investiert hat. Die benachbarte 81.000 Quadratkilometer große Schürfkonzession der US-kanadischen Barrick Gold soll laut Minenminister Florent Kambale um zwei Drittel verkleinert werden – im Namen des Kampfes gegen Monopole.

Verunsichert ist nun auch die kanadische Banro Resources. Sie ist zu 93 Prozent an der Goldfirma Sakima beteiligt, die eine 10.000 km2 große Schürfkonzession in der ostkongolesischen Provinz Südkivu besitzt. Nicht nur wird dieser 93-Prozent-Anteil von der Regierung Kabila als zu hoch befunden – im Südkivu breitet sich auch eine Rebellion gegen das Kabila-Regime aus, die dem Schürfgebiet bei Shabunda inzwischen gefährlich nahe kommt.

Probleme mit der Regierung Kabila hat auch die US-Bergbaufirma American Mineral Fields, deren Chef Jean-Raymond Boulle während des Bürgerkriegs Kabila sehr nahestand und ihm sogar mehrmals sein Flugzeug lieh. Schon vor der Einnahme Kinshasas hatte Kabila ihn mit der Vergabe einer riesigen Konzession zum Abbau von Kobalt, Kupfer und Zink bei Kipushi in der Südprovinz Katanga belohnt. Aber dann ließ Kabila Boulles Flugzeug beschlagnahmen, weil die südafrikanischen Piloten den neuen Präsidenten „respektlos“ behandelt hätten, indem sie sich weigerten, tagelang auf dem Flughafen der Provinzhauptstadt Lubumbashi auf ihn zu warten. Auch die Lundin-Gruppe, deren schon unter Mobutu erteilte Kobaltkonzession von Tenke-Fugurume im selben Gebiet von Kabila bestätigt wurde, hat ihren Ingenieuren geraten, vorerst nicht in den Kongo zu fliegen. Immer mehr ausländische Unternehmer merken, daß die Bedingungen für den Aufbau von Großprojekten im Kongo noch nicht reif sind. Es sind sogar Rückschritte zu verzeichnen. Im Mai verstaatlichte die neue Regierung die belgisch- südafrikanische Eisenbahngesellschaft Sizarail, die die wenigen funktionierenden Bahnlinien aus dem Osten und dem Süden Kongos Richtung Südafrika betreibt. Seitdem fiel der Eisenbahnverkehr zwischen Kongo und Südafrika – über den die Mineralienausfuhr aus dem Kongo läuft – von acht auf zwei Güterzüge wöchentlich.

Die letzten verfügbaren Produktionszahlen vom Juli zeigen bei vielen Wirtschaftszweigen einen deutlichen Rückgang im Vergleich zu 1996: Die Kaffeeproduktion sank um 56 Prozent, der Nutzholzeinschlag um 34 Prozent, die Kupferförderung um 65 Prozent und die Diamantenförderung um 23 Prozent. Die Reserven der Zentralbank lagen zum Stichtag 22. September bei einer Million Dollar, der Großteil davon in einheimischer Währung.

Angesichts dessen geht die Regierung in Kinshasa kuriose Wege. Sie hat die US-Firma Bechtel damit beauftragt, einen Generalplan zum Wiederaufbau der kongolesischen Wirtschaft zu erarbeiten – das machen normalerweise Organisationen wie Weltbank oder Internationaler Währungsfonds. Mit diesem Plan soll eben diesen Organisationen der Kongo wieder schmackhaft gemacht werden. Bechtel hat mit der Arbeit bereits begonnen: Von der US- Raumfahrtbehörde Nasa kaufte die Firma Satellitenfotos der kongolesischen Bergbauregionen, die bestätigen, daß das Land die weltweit größten Reserven von Kobalt, Zink, Kupfer und Diamanten sowie phantastische Goldvorkommen hat.

Seltesamerweise leistet Bechtel seine Arbeit für den Kongo kostenlos. Und Robert Steward, Leiter der Afrika-Abteilung von Bechtel, versichert, daß seine Gesellschaft daraus keinen kommerziellen Nutzen ziehen möchte. Aber Zweifel sind erlaubt: Bechtel, dessen Umsatz im Jahre 1996 bei über acht Milliarden Dollar lag und damit doppelt sao groß war wie das Bruttosozialprodukt des Kongo, hat weltweit beträchtliche Interessen im Bergbau, im Erdöl, im Luftverkehr und der Telekommunikation. Auch politisch ist die Gesellschaft einflußreich: Ein ehemaliger Bechtel-Direktor war Ronald Reagans früherer Verteidigungsminister Caspar Weinberger. Und der heutige Bechtel-Vizepräsident Cordel Hull sitzt in einer „Task Force“, die den US-Geheimdienst CIA modernisieren soll. François Misser