münstersche zeitungen
: Verschweigen ist feige

Als Journalist fühlt man mit, wenn Redakteuren übel mitgespielt wird. Wenn in Münster eine Redaktion abgesetzt und ihr dann gekündigt wird, will man als Kollege die Leser darüber informieren. Eigentlich. Doch weil NRW unter den Zeitungshäusern aufgeteilt ist, wird über Arbeitskämpfe in den Medien kaum berichtet. Das war so bei der Ausdünnung der Ruhrgebietspresse, das ist so bei der abservierten Lokalredaktion. Die Verleger halten dicht. Ohne WDR, ohne taz, wüsste die Öffentlichkeit wenig von den kalt gestellten Redakteuren in Münster. Wer es naiv findet, von Verlegern schlechte Presse in eigener Sache zu erwarten, vergisst etwas: Die unterlassenen Berichte untergraben die Pressefreiheit.

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

Natürlich haben die Zeitungsherausgeber schon immer Einfluss genommen, vor allem auf die politische Blatt-Farbe. So ist es kein Geheimnis, dass die beiden Münsteraner Tageszeitungen eher konservativ kommentieren. Vor Jahren war es undenkbar, hier Stellungnahmen von Atomkraftgegnern zu lesen. Doch hat sich das sehr geändert: Was geschieht, schafft es zumindest in die Kurznachrichten.

Die politische Flurbereinigung ist heute einer medienökonomischen gewichen. Wenn es Verlagsinteressen widerspricht, werden nicht nur Arbeitskämpfe ausgeblendet: So klagen Kulturmacher darüber, dass nur über sie berichtet werde, wenn Anzeigen geschaltet werden. Am großen Rad drehen Konzerne, die mit Werbestrecken winken wie mit Zaunpfählen, damit die Zeitung auf Linie bleibt. Und selbst die Agenturen verbreiten lieber die Exklusivmeldungen von Großkunden. Nachrichten als Gegengeschäft.

Doch was in diesem Kuddelmuddel entsteht, ist die öffentlichte Meinung. Dass die heute von wirtschaftlichen Interessen beherrscht wird, überrascht zwar nicht wirklich, doch nimmt die Übersicht Schaden, die Realitätsnähe, Meinungsvielfalt. Ob es auch anders geht? Na? Was lesen Sie gerade?

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