Olaf Scholz: Hamburger Alleinherrscher

Wer Olaf Scholz im Wahlkampf begleitete, verlor den Überblick, wer in der Hansestadt Herausforderer und wer Regierungschef ist. Wo der 52-Jährige auftauchte, da wurde ihm Glück für die nächsten vier Jahre im Amt des Ersten Bürgermeisters Hamburgs gewünscht, oder es wurden bereits konkrete Erwartungen an seine Politik formuliert. Am Sonntag haben die Wählerinnen und Wähler in Hamburg vollzogen, was seit Wochen feststand: Olaf Scholz und die SPD haben sogar die absolute Mehrheit in der Bürgerschaft bekommen.

Scholz, der im Hamburger Norden aufgewachsen ist und im alten Arbeiterstadtteil Altona wohnt, hat gegen CDU-Amtsinhaber Christoph Ahlhaus einen betont hanseatischen Wahlkampf geführt. Hamburg solle wieder gut regiert werden, war seine vage Botschaft. Da fiel gar nicht auf, dass er sich mit seiner Vorliebe für innere Sicherheit und Wirtschaftsthemen sowie dem dazu passenden Personal inhaltlich nicht mehr von Ahlhaus unterschieden hat. Seinen möglichen Koalitionspartner, die Grün-Alternative-Liste (GAL), hat Scholz damit umso heftiger düpiert, je näher der Wahltag rückte. Scholz war es egal.

In der Bundes-SPD ist Scholz nun noch ein Stück näher an den Parteichef Sigmar Gabriel herangerückt. Manche sehen ihn schon als möglichen Nachfolger Gabriels, schon 2008 und 2009 war er im Gespräch für den Posten. Vermittelbar wäre der ehemalige Generalsekretär für alle Flügel der Partei – ein Phänomen, das sich mit Scholz’ Verlässlichkeit und gerissener Personalpolitik erklären lässt. Das macht ihn auch als Kanzlerkandidaten für 2013 interessant; dann müsste er nach nur zwei Jahren Hamburg schon wieder verlassen. Zu seinen bundespolitischen Ambitionen würde das passen. Aber nicht zu dem, was er im Wahlkampf immer vor sich hergetragen hat: die hanseatische Verlässlichkeit. GORDON REPINSKI