„Es wird nach dem Gesetz entschieden“

Richter Hans-Michael Wollenweber hat Murat Kurnaz‘ Aufenthaltserlaubnis für weiterhin gültig erklärt und sich so unwissentlich gegen die Bundesregierung gestellt

taz: Erforderte es Mut, die Aufenthaltserlaubnis für Murat Kurnaz für weiterhin gültig zu erklären, Herr Wollenweber?

Hans-Michael Wollenweber: Nein. Ich betrachte die Entscheidung nicht als mutabhängig, sondern es wird nach Gesetz und Recht entschieden.

Für den Fall, dass die Bremer Ausländerbehörde das Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis nicht feststellen würde, gab es Pläne, es per Weisung dazu zu zwingen. Wurde auch auf das Gericht Druck ausgeübt?

Nein. Auf das Gericht wurde kein Druck ausgeübt. Und über das etwaige Außenverhältnis von Innensenator zu Bundesbehörde bestanden für uns überhaupt keine Erkenntnisse.

Waren Sie sich zum Zeitpunkt des Prozesses der politischen Brisanz bewusst?

In Bezug auf Guantánamo war natürlich klar, dass es ein Verfahren von überregionaler Bedeutung war. Nur über die weiteren Hintergründe waren wir natürlich nicht informiert.

Welche Bedeutung hatte das Urteil?

Ich denke, dass diese Entscheidung für den Kläger wichtig war, weil sie eine Frage geklärt hat, die das nationale Ausländerrecht in Deutschland betraf.

Erfüllt es Sie mit Befriedigung, dass Sie als Richter zumindest einen Teil des deutschen Rechtsstaats wieder herstellen konnten?

Natürlich. Es ist unsere Aufgabe, das Recht anzuwenden und ich meine, dass wir das hier in richtiger Art und Weise getan haben. Ich halte unsere Entscheidung nach wie vor für richtig. Es ist allerdings nicht meine Aufgabe, die gesamte Angelegenheit rechts- oder außenpolitisch zu würdigen.

Wie hat man das Urteil denn damals in Ihrer Umgebung gewürdigt?

So viel ich weiß, hat das Urteil ein ziemlich weites Medienecho hervorgerufen. Und ich habe eigentlich keine negativen Äußerungen vernommen, sondern durchweg eine positive Würdigung. INTERVIEW: GRÄ

Das Urteil steht im Internet unter www.mehr-dazu.de