Vom Piloten-Doping zur Modedroge

CRYSTAL METH Die Substanz macht wach und leistungsfähig und ist leicht herzustellen. Die Folgen sind schwere Erkrankungen

BERLIN taz | Methamphetamin, N-Methylamphetamin, Pervitin, Panzerschokolade – die synthetische Droge Crystal Meth hat viele Namen. Der Grundstoff für die Herstellung ist das mit Adrenalin verwandte Ephedrin. Es erweitert die Blutgefäße und beschleunigt den Herzschlag – und ist in vielen frei verkäuflichen Erkältungsmitteln enthalten. Das macht es so einfach, die Droge selbst herzustellen: Dazu muss man nur Ephedrin mit Jodwasserstoff oder mit Jod und Phosphor reduzieren.

Bekannt wurde die Droge während des Zweiten Weltkriegs, als Piloten der deutschen Luftwaffe mit dem Aufputschmittel gedopt wurden. Damals war es unter dem Namen Pervitin erhältlich. Allerdings war der Wirkstoff etwa zehnmal geringer dosiert als heute, so Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.

Für Bartsch passt Crystal Meth sehr gut in unsere heutige Gesellschaft: „Sie erfüllt die Erwartungen der Leistungsgesellschaft und des Schönheitskults.“ Denn sie mache in der ersten Zeit wach und erhöhe die Konzentrationsfähigkeit. Die Konsumenten verspürten keine Hungergefühle. Die Nebenwirkung: Der Körper verbraucht sich schneller und der Anstieg des Pulses und des Blutdrucks können zu Hirnschlägen und Herzstörungen führen. Auch die Persönlichkeit werde deformiert, manche Konsumenten neigen zu Depressionen, anderen wiederum reagieren aggressiv.

Dem Drogenbericht der Bundesregierung zufolge nimmt der Konsum synthetischer Aufputschdrogen permanent zu. Im letzten Jahr konfiszierte die Polizei Crystal Meth in 3.847 Fällen. Im Jahr zuvor waren es 10 Prozent weniger. Zudem zeigt der Bericht, dass sich die Szene professionalisiert: Die Beamten hoben neun Labore aus, in denen Crystal Meth hergestellt wurde. Insgesamt stellte die Polizei im vergangenen Jahr 77 Kilogramm der Droge sicher. 2005 waren es gerade einmal 6 Kilo.

Laut Drogen- und Suchtbericht blieb die Verbreitung von Crystal Meth aber überwiegend auf die deutsch-tschechische Grenzregion begrenzt – in Tschechien ist die Herstellung für den Eigenbedarf legal. An Marktständen entlang der Grenze wird das Gramm zwischen 40 und 80 Euro verkauft. Da Crystal Meth einen Reinheitsgrad von 90 bis 100 Prozent hat, reicht ein Gramm für zehnmal Highlife.

Wie stark die Droge die Szene dominiert, zeigt ein Bericht aus Sachsen: Dort haben über 40 Prozent der Klienten, die wegen des Konsums illegaler Drogen Suchtberatungsstellen aufsuchten, ein Problem mit Crystal Meth. 26 Prozent suchten Hilfe wegen Cannabis und opiumähnlicher Substanzen. Das geht aus dem „Bericht der ambulanten Suchtkrankenhilfe in Sachsen“ hervor.

JULIA AMBERGER