„Das war keine Kritik an Stoiber “

Alois Glück sagt, dass auch sein Ministerpräsident eines Tages abtreten wird. Allerdings nicht in absehbarer Zeit

taz: Herr Glück, was hat die CSU aus dem Zwist zwischen Stoiber und Pauli gelernt?

Alois Glück: Es war keine Auseinandersetzung um die Qualität der Politik unter Edmund Stoiber. Die ist unumstritten, auch von Frau Pauli. Vieles hätte vermieden werden können, wenn das Gesprächsangebot des Ministerpräsidenten früher gekommen wäre.

Hat Edmund Stoiber durch sein zögerliches Verhalten den Kritikern in die Hand gespielt?

Die Angelegenheit fiel in die nachrichtenarme Zeit um Weihnachten …

die ist allerdings inzwischen vorbei. Trotzdem geht die Diskussion weiter.

Viele Menschen, die mit der Politik Stoibers einverstanden sind, haben sich mit Frau Pauli solidarisiert, weil sie dachten: Man sollte mit dieser Frau halt reden. Diese Bedenken sind durch den Präsidiumsbeschluss und das Gesprächsangebot ausgeräumt.

Die Unterstützung für Frau Pauli ist also keine Kritik an Herrn Stoiber?

Natürlich hat es auch vorher schon kritische Stimmen gegeben. Das ist ja in der Politik immer so. Im vergangenen Jahr hat Stoiber, unerwartet für viele, wieder Vertrauen zurückgewonnen. Das gibt mir Hoffnung, dass wir bald wieder zur Sachpolitik zurückkehren werden.

Hat dieser Fall eine historische Dimension, wie etwa der des ehemaligen Ministerpräsidenten Streibl?

Ganz sicher nicht. Die Situationen sind in keiner Weise vergleichbar.

Damals wie heute gab es beinahe täglich Solidaritätsbekundungen. Letztlich ist Streibl dann doch gegangen worden.

Das stimmt nicht. Max Streibl hat von sich aus erklärt, aufzuhören. Der Kern der Kritik damals war, dass Max Streibl allmählich müde wurde. Das verbindet mit Edmund Stoiber niemand. Mangelnde Tatkraft oder Kompetenz wirft ihm niemand vor.

Sie selbst sprachen doch von Abnutzungserscheinungen, oder?

Das ist so nicht richtig. Edmund Stoiber ist voller Ideen und Tatkraft für die Zukunft. Es war emotional schwierig, dass Stoiber nicht nach Berlin gegangen ist. Das wurde nicht von allen verstanden. Das ist aber keine Kritik an der Führungskraft oder Kompetenz Edmund Stoibers.

Wieso wehren Sie sich dann so sehr gegen eine Mitgliederbefragung?

In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben SPD und CDU nicht die besten Erfahrungen mit dieser Methode gemacht. Die Auswirkungen für die Parteien waren nicht positiv.

Wieso vergleichen Sie sich denn mit SPD und CDU? Sonst ist die CSU doch auch immer einzigartig.

Unser Delegiertensystem ist so breit angelegt wie bei keiner anderen Partei. Auf unserem Landesparteitag sind von den rund tausend Delegierten mindestens drei Viertel aus Orts- und Kreisverbänden. Bei SPD und CDU sind primär Mandatsträger Delegierte. Unsere Meinungsbildung steht auf breiterem Boden.

Einige CSU-Vorstandsmitgliedern lehnen eine Mitgliederbefragung nicht rundheraus ab. Wieso stellt sich Edmund Stoiber nicht einfach einer Befragung?

Das ist doch eine Absurdität, einen amtierenden Regierungschef in eine Volksabstimmung zu schicken! Das ist ein Weg der Demontage, eine Schwächung. Eine Partei, die noch rational mit sich umgeht, kann so einen Weg überhaupt nicht wollen.

Es sollen doch aber nur die Mitglieder befragt werden.

Die Folge wäre eine wochenlange Beschäftigung mit sich selbst. Das können wir nicht wollen und nicht brauchen.

Was spricht dagegen, dass Fraktionschef Joachim Herrmann der Nachfolger Stoibers wird?

Ganz einfach: Weil wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Entscheidung zu treffen haben. Wir haben im Präsidium klar gesagt, dass Edmund Stoiber über 2008 hinaus die Nummer eins bleibt.

Das spricht gegen ihn?

Gegen ihn spricht gar nichts. Wir haben eine klare Führung, und bei der bleibt es.

Herr Herrmann ist also geeignet für das Amt des Ministerpräsidenten?

Er ist sicher einer der engeren Anwärter auf die irgendwann zu regelnde Nachfolge Edmund Stoibers. Das steht aber derzeit nicht an.

Irgendwann?

Wir haben keinen Entscheidungsbedarf in dieser Frage.

INTERVIEW: DOMINIK SCHOTTNER