Mein Strand
:

■ Baggersee bei Tarmstedt

100 Prozent Ostdeutschland

Als die Großen aus der 13. Klasse uns mit ihren Autos mitnahmen, war ich das erste Mal da: am Baggersee bei Tarmstedt. Kitschig fast, mit türkis-blauem Wasser und grün eingefassten Sandbuchten kommt er daher wie eine Lagune. Als Schüler ging’s mir nur ums Bier. Auch heute besticht der See mehr durch sein soziales Ambiente – er verleiht ein ostdeutsches Gefühl: Sobald man durch den löchrigen Maschendrahtzaun aufs Gelände schlüpft, ist westdeutsche Spießigkeit überwunden. Jeder Dritte macht FKK, jeder Zehnte trägt „Thor Steinar“. An heißen Tagen bilden tiefergelegte Autos Schlangen an den Zufahrtswegen, die Dorfpolizei macht Geschäfte mit Strafzetteln aller Art. All das gehört dazu, zum Ausflug aufs Land.  JPB

■ Hetlinger Schanze, Elbe

Unterm Strommast

Die meisten Hamburger schaffen es gerade mal nach Övelgönne an den Elbstrand. Klar, ist auch Wasser mit Sand dran. Dort knubbeln sie sich. Liegen, lesen und grillen dicht an dicht. Seltsam, wo doch nur gut 30 Kilometer stromabwärts ein kleines Paradies wartet. Durch den Ort, über eine Wiese, übern Deich mit Schafen, noch eine Wiese, durch ein Wäldchen und dahinter wartet die breite Elbe. Ein bisschen nach Nordsee sieht sie hier schon aus. Hoch oben führt ein gigantischer Strommast über den Fluss und unten wartet ein beinahe menschenleerer weißer Sandstrand.  ILK

■ Weissenhäuser Strand, Ostsee

Nach dem Konzert

Im Spätherbst wird die leicht schäbige Ferienanlage am Weissenhäuser Strand richtig voll. Wer sich zu alt oder bequem für das typische Zeltplatzfestival fühlt, ist dann dort, beim Rolling Stone Weekender. Nach einer nicht ganz so langen Konzertnacht treffen sich die Festival-Besucher dann am fast weißen Ostseestrand. Und manch einer traut sich sogar ins Wasser.  STE

■ Westerhever Sand, Nordsee

Einsam im Sand

Einmal übern Deich kucken und schon liegt alles andere irgendwie hinter dir. Vor dir liegt das sattgrüne Deichvorland mit seinen schnurgeraden Gräben, die Möwen schreien, die Schafe blöken, und ja, irgendwo im Dunst ist auch dieser Leuchtturm zu sehen, den die Bierwerbung von Nord- nach Ostfriesland verlegt hat. Der Weg zur Nordsee ist mit bunten Klinkern gepflastert. Danach geht’s noch mal eine Viertelstunde durchs Watt – oder durchs Wasser, bis hüfthoch, je nachdem, wie die Tide ist. Und das ist gut so. Menschen, die an den Strand wollen, mögen nämlich nicht laufen. Und sie mögen auch nicht nass werden, bevor sie am Strand sind. Deshalb fahren sie lieber nach St. Peter-Ording, zehn Kilometer weiter, zahlen die Kurtaxe und legen sich nebeneinander. Auf der kilometerlangen Sandbank vor Westerhever trifft man sie nicht. Überhaupt trifft man nicht viele. Sich näher als 100 Meter an jemand anders heranzulegen, ist schon fast ein Affront. Eine Pommesbude gibt es auch nicht. Nicht mal einen Mülleimer. Das einzige Anzeichen von Zivilisation sind die Frachter, die gelegentlich in einiger Entfernung vorbeituckern.  JANK

■ Behrensdorf, Ostsee

Naturrind am Naturstrand

Es gibt weißere Strände an der Ostsee. Und auch welche mit weniger Steinen. „Naturstrand“ sagen sie dazu in Behrensdorf. Und meinen damit, dass nicht täglich eine Planierraupe kommt und den Seetang wegräumt. Manchmal riecht es deswegen auch ein bisschen nach See. Dafür kostet der Strand keine Liegegebühren und ist fast nie voll. Wenn doch, geht man ein paar Schritte in Richtung des benachbarten Marine-Schießplatzes mit dem bezeichnenden Namen Todendorf. Und nach dem Strandtag geht es in den „Seepudel“, ein Spin-off der Hamburger Kulturinstitution Pudel Club. Im Garten sitzend kann man den zotteligen Highlander-Rindern beim Grasen zusehen, von deren Fleisch hauchzarte Frikadellen serviert werden.  JANK

■ Juist, Nordsee

Das Priel-Trauma

Unvergessen die erste Nach-Abi-Fahrt aus Köln ins nordisch-kühle Juist. Eine Woche waren wir da, schön war’s, jetzt noch mal ins kühle Nass, in einer Stunde geht das Boot! Wir rennen in Gummistiefeln, der Strand ist breit wie nie, noch ein Hügel, dann ab ins Meer. 30, 40 Minuten am Spülsaum längs, dann wenden. Allerdings: Der Strand ist irritierend fern, der Hügel von eben – verschwunden. Und wo eben ein bequem zu durchwatendes Rinnsal war, tobt ein reißender Strom. Tief ist er auch, wir rennen, dass es von oben in die Stiefel schwappt. Endlich, geschafft, an Land. Fünf Stunden in nassen Strümpfen in Schiff und Zug, welch Perspektive! Und Juist, die Holde, grinst.  PS