Die Schatzsucherin

Platt ist ihre Muttersprache. Und das sagt Marianne Ehlers nicht einfach so, womöglich aus Koketterie, sondern es ist wahr: „Bevor ich zur Schule kam, habe ich kein hochdeutsches Wort gesprochen“, erzählt die gelernte Bibliothekarin und passionierte Niederdeutsch-Verfechtern.

Zurzeit ist sie Referentin für Niederdeutsch beim Schleswig-Holsteinischen Heimatbund in Kiel. Dort ist sie unter anderem für Schulen zuständig, und deshalb kann sie genau erklären, warum es gut ist, dass ab August in 27 schleswig-holsteinischen Grundschulen zweimal pro Woche Plattdeutsch auf dem Stundenplan steht; die nötigen zusätzlichen Lehrerstunden hat das Land zur Verfügung gestellt.

Beworben haben sich 44 Schulen – aber ist Platt wirklich so wichtig? Eine lange geächtete Sprache, die man lieber versteckte, als sie seinen Kindern weiterzugeben? Marianne Ehlers hat das anders erlebt. „Für mich“, sagt die 60-Jährige, „verkörpert Plattdeutsch mein Zuhause, meine Heimat. Es ist ein Schatz, der zu unserer Gegend gehört.“

Da sich die Zahl der Sprecher in den vergangenen 20 Jahren halbiert hat, liege es nahe, die Sprache wieder zu implementieren. Das Interesse am Plattdeutschen steigt, und die EU-Charta für Minderheitensprachen empfiehlt sogar, Kinder dreisprachig aufwachsen zu lassen: mit Mutter-, Fremd- und Nahsprache, also des regionalen Idioms.

Das Plattdeutsche hat Ehlers in ihrer Jugend ausschließlich mündlich gelernt; zu schreiben begann sie ihn viel später. „Inzwischen steigt das Interesse, Platt auch literarisch schreiben zu können“, sagt Ehlers; sie ist selbst Autorin und gibt entsprechende Kurse. Der Plattdeutschunterricht soll den Kindern mehr beibringen als Grammatik und Vokabeln, keine „nur mechanische Sache“ sein. Da werde auch Regionalkultur vermittelt – alte Geschichten, Lieder, „die die Elterngeneration vielleicht selbst nicht mehr kennt“, sagt Marianne Ehlers. Eine solche Tradition zu wahren sei doch – und das meint sie gar nicht tümelnd – eine feine Sache.  PS