Putin macht Gasdeal mit China

ENERGIEPOLITIK Peking wollte angesichts des Ukrainekonflikts Putin zu Zugeständnissen in den Verhandlungen um Gaslieferungen bringen. Das ist offenbar gescheitert

„Ein großer Vertrag, der seinesgleichen sucht“

GAZPROM-CHEF ALEXEI MILLER

AUS PEKING FELIX LEE

Noch am Vormittag blickt die Reporterin des chinesischen Staatsfernsehens bei ihrer regelmäßigen Liveschaltung vom Schanghaier Konferenzzentrum betrübt in die Kamera. Am späten Nachmittag hellt sich ihr Gesicht auf. Von einem „historischem Moment“ spricht sie. Das Gasabkommen zwischen China und Russland sei endlich beschlossen.

In Anwesenheit von Russlands Präsident Wladimir Putin und seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping unterzeichnen am Mittwochnachmittag der Chef von Gazprom und der Vorsitzende der China National Petroleum Corp (CNPC) feierlich das Abkommen über Gaslieferungen. Über einen Zeitraum von 30 Jahren soll Gazprom ab 2018 jährlich 38 Milliarden Kubikmeter Gas nach China liefern. Gazprom-Chef Alexei Miller sprach von einem „großen Vertrag, der seinesgleichen sucht“. Einen solchen Kontrakt gebe es mit keinem anderen Unternehmen. Damit hat das fast zwei Jahrzehnte lange Schachern zwischen beiden Staaten offensichtlich ein Ende.

Aber nur offensichtlich. Denn weiterhin unklar ist, ob sich beide Seiten auch wirklich beim Hauptstreitpunkt geeinigt haben: dem Preis. Bereits vergangenes Jahr hatten sich Moskau und Peking grundsätzlich geeinigt, dass Russland künftig die Chinesen mit Gas versorgt. Nicht geklärt war jedoch, was China dafür zahlen soll. Gazprom will den Chinesen das Gas zum gleichen Preis liefern, den die Europäer bezahlen. China hingegen verlangt einen Vorzugspreis wie ihn Russland den zentralasiatischen Ländern gewährt. Nun sagte Putin lediglich, die Preisbildung werde „ähnlich der Lieferungen nach Europa“ erfolgen.

Sollte das stimmen, hätte Chinas Führung eine Schlappe erlitten. Sie hat bis zum Schluss hoch gepokert, weiß sie doch um den Druck, dem Putin derzeit ausgesetzt ist. Angesichts der Ukrainekrise droht den Russen der Verlust ihrer Gasgeschäfte mit Europa. Putin ist daher dringend auf Ersatzmärkte angewiesen. Peking erkannte die Gelegenheit, den Preis zu drücken und zusätzliche Investitionserleichterungen für chinesische Geschäftsleute in Russland einzufordern. Einiges hat es auch erreicht. Insgesamt 49 Abkommen unterschrieben Putin und Xi am Dienstag in Schanghai. Beim Gaspreis hätte sich Chinas Führung aber nicht durchgesetzt.

Ungeachtet der Preisfrage wird das Abkommen aber so oder so das Weltgefüge verändern. Bereits am Vortag hatten sich Putin und Xi darauf geeinigt, den chinesisch-russischen Handel künftig direkt in Rubel und Yuan abzuwickeln. Anders als bisher spielt der US-Dollar dann keine Rolle mehr. Kommt das Gasgeschäft zustande, blieben Europäer und die USA bei einem so umfangreichem Geschäft erstmals völlig außen vor.