Jorgos aus Athen: Warten auf die Uni-Karriere

Jorgos Theodotou hat aus seiner Sicht alles richtig gemacht: Studium der Politikwissenschaften in Athen, Masterstudium an der Universität Paris-Dauphine, fließend in Englisch und Französisch. Am liebsten würde er eine akademische Laufbahn einschlagen. Doch sein Berufsziel klingt fast utopisch im kriselnden Griechenland. Vorerst ist der 25-Jährige ohnehin ohne Job. Immerhin konnte er im vergangenen Jahr an einem EU-Hilfsprogramm für junge Arbeitslose teilnehmen und fast sechs Monate lang bei einer Athener Werbefirma auf 500-Euro-Basis arbeiten. Bis heute wartet er allerdings auf sein Geld.

Theodotou ist kein Einzelfall, fast 20 Prozent der jungen Griechen sind ohne Job. Auffallend ist dabei, dass viele von ihnen mindestens einen Universitätsabschluss haben, denn lange Zeit galt auch in Griechenland Bildung als bester Schutz vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg. Die Gewissheit, nach einer anspruchsvollen Ausbildung ohne große Schwierigkeiten einen Job zu finden, ist jedoch längst vorbei: Laut einer Studie des Gewerkschaftsdachverbandes GSEE ist die Arbeitslosigkeit unter Hochschulabsolventen im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 um satte 190 Prozent gestiegen.

„Das liegt zum Teil, aber nicht ausschließlich an der Krise“, glaubt Theodotou. „Gerade im akademischen Bereich gibt es kaum Transparenz beim Stellenbesetzungsverfahren, Stellen werden in der Regel über Bekannte vermittelt.“ Und: „In der Privatwirtschaft bekommst du erst recht Absagen. Da musst du praktische Berufserfahrung vorweisen, damit du eine Arbeitsstelle bekommst. Aber wie sollst du Berufserfahrung sammeln, wenn du noch nie eine richtige Arbeitsstelle bekommen hast?“, klagt der junge Akademiker.

Bewerbungsfrustration. Was tun? Am liebsten würde Theodotou wieder nach Frankreich ziehen und dort seinen Traum von einer akademischen Karriere verwirklichen. Nur das Geld dafür fehlt ihm. Derzeit erkundigt er sich nach einem Stipendium für Absolventen und junge Forscher. Selbst wenn er nur eine Erasmus-Förderung von 500 Euro im Monat bekäme, würde er die Rückkehr nach Paris wagen, sagt er.

Dass der junge Politikwissenschaftler sich für Politik interessiert, versteht sich von selbst. Am 25. Mai geht er auch wählen. Wen er wählt, sagt Theodotou nicht direkt, nur so viel will er verraten: „Für die altgedienten Volksparteien habe ich nichts übrig. Ich hoffe auf eine politische Kraft, die dazu beitragen kann, dass sich die Kluft zwischen dem Norden und dem Süden, zwischen dem reichen und dem armen Europa, kleiner wird. Ob es die Linkspartei schafft? „So ganz sicher bin ich mir nicht.“

Jedenfalls schwindet sein Vertrauen in die heutige Politikergeneration in ganz Europa. „Nehmen Sie doch François Hollande als Beispiel“, sagt Theodotou. „Die Franzosen setzten Hoffnungen auf ihn, doch nur ein Jahr nach seinem Wahlsieg ist er im absoluten Umfragetief.“ Warum? „Weil er seine Wahlversprechen nicht umgesetzt und das Vertrauen der Menschen enttäuscht hat“. JANNIS PAPADIMITRIOU