Ausverkauf ohne Perspektive
: KOMMENTAR VON TARIK AHMIA

70,5 Prozent der Freiburger sagen Nein zum Verkauf ihrer kommunalen Wohnungen. Eine vernichtende Niederlage für den Oberbürgermeister Dieter Salomon. Zu siegessicher dachte der grüne Wirtschaftsliberale, sein Konzept müsse einfach jeden überzeugen: Mit einem Schlag wäre der Freiburger Haushalt durch den Verkauf von 7.900 Wohnungen entschuldet worden.

Doch die Freiburger haben dieser Scheinlogik zu Recht misstraut, denn langfristig hätten sie für den Einstieg eines Finanzinvestors in der begehrten Region teuer bezahlen müssen. Kapitalanleger interessiert schließlich nur der Gewinn. Steigende Mieten und ein immer geringer werdendes Angebot an günstigem Wohnraum wären die Folge gewesen. Da hilft auch keine Sozialcharta oder der Verweis auf das deutsche Mietrecht.

Die Freiburger haben mit ihrem Votum den Menschen einen symbolischen Erfolg beschert, die sich in ganz Deutschland gegen vergleichbare Pläne wehren. Es gibt zu Recht ein öffentliches Interesse daran, dass das existenzielle Gut „bezahlbarer Wohnraum“ nicht zum Spekulationsobjekt der Finanzmärkte wird.

Sicher, viele öffentliche Wohnungsbaugesellschaften arbeiten schlecht und ineffizient. Hier ist einiges zu verbessern – auch mit Hilfe privatwirtschaftlicher Managementmethoden. Dafür ist ein Verkauf aber nicht nötig. Nur als Eigentümer kann die öffentliche Hand sicherstellen, dass die Mieten niedrig bleiben.

Das Freiburger Votum ist ein deutliches Signal gegen den Privatisierungswahn, der die deutsche Politik erfasst hat. Zu dieser neoliberalen Propaganda zählt etwa das falsche Versprechen, die öffentlichen Haushalte durch den Verkauf des Tafelsilbers zu entschulden. Doch die simple Logik – ein ordentlicher öffentlicher Haushalt muss schuldenfrei sein – ist fundamental falsch.

Staatsschulden sind nicht zu vergleichen mit den Schulden eines Privathaushaltes, weil staatliches Sparen auf die Konjunktur durchschlagen und zu noch höheren Schulden führen kann. Mit seinen Ausgaben muss der Staat langfristig in die Zukunft investieren. Ein schuldenfreier Haushalt ist nur ein Beleg dafür, dass der Staat zu wenig für seine Zukunft tut.