Junge Mütter als Teilzeit-Azubis

Das Instrument der „Teilzeitausbildung“ soll jungen Frauen helfen, einen Beruf zu finden. In Lübeck konnten schon 70 Lehrverträge unterzeichnet werden. Auch Kiel, Flensburg, Itzehoe und Pinneberg bieten Beratungsstellen. Hamburg nicht

VON CONSTANZE HUMMEL

Sie sind jung, motiviert und suchen einen Ausbildungsplatz. Doch mit Kind haben sie auf dem Lehrstellenmarkt kaum eine Chance. Um jungen Frauen, die schon als Teenager oder mit Anfang 20 Mutter werden, eine berufliche Perspektive zu bieten, hat die Rot-Grüne Vorgängerregierung noch 2005 im Bundesberufsbildungsgesetz die Möglichkeit der „Teilzeitausbildung“ verankert.

Die wöchentliche Arbeitszeit liegt statt bei 40 nur zwischen 20 und 30 Stunden. In Absprache mit dem Betrieb wird festgelegt, wann die Stunden zu leisten sind. Die Vergütung wird entsprechend reduziert. Liegt die Wochenarbeitszeit bei 20 Stunden, kann die Ausbildungsdauer um bis zu einem Jahr verlängert werden.

In Schleswig-Holstein hat man bereits gute Erfahrungen mit dem Modell gemacht. In Lübeck gründeten Handelskammer und Handwerkskammer im vergangenen Jahr eine zentrale Anlaufstelle, bei der sich Mütter und Betriebe informieren können und die bei der Vermittlung hilft. Aufgrund der starken Nachfrage wurden in Kiel, Flensburg, Pinneberg und Itzehoe weitere Beratungsstellen eingerichtet. In Lübeck konnten inzwischen 70 Lehrverträge für dieses Jahr unterschrieben werden. „Wir mussten zunächst viel Überzeugungsarbeit leisten“, erklärt Heidi Näpflein von der Lübecker Handwerkskammer. Doch jetzt im zweiten Jahr kämen einige Betriebe, die im vorigen Jahr eine Teilzeitauszubildende genommen hatten, gezielt auf sie zu und bieten weitere Plätze für junge Mütter an.

Ein Erfolg, von dem Hamburg noch weit entfernt ist. Weder die Hamburger Handelskammer noch die dortige Agentur für Arbeit bieten bisher Beratung zu diesem Thema an. Viele Betriebe und junge Mütter wissen daher nichts von der Teilzeitausbildung. Lediglich beim Beschäftigungsträger „Passage“ des Diakonischen Werks Hamburg werden derzeit 15 Frauen zwischen 20 und 27 Jahren betreut, die auf ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt warten. Wie beispielsweise die 23-jährige Doreen Trzcinski. Nach dem Hauptschulabschluss fand sie keine Lehrstelle, arbeitete in verschiedenen Jobs. Vor dreieinhalb Jahren kam dann Fabien zur Welt. „Ich möchte mich und meine Tochter irgendwann selber finanzieren können“, sagt die junge Mutter. „Ich wäre gerne ein Vorbild für sie.“

Doreen Trzcinskis Traum wäre eine Lehrstelle als Bürokauffrau. Solange sie noch keine hat, besucht sie zweimal wöchentlich Kurse bei Passage, in denen Mathematik- und Rechtschreibkenntnisse aufgefrischt und Grundlagen der Elektronischen Datenverarbeitung, des Kundenumgangs und der Kommunikation vermittelt werden.

An den anderen drei Tagen machen die Frauen Praktika in Firmen und Betrieben. „So können potentieller Arbeitgeber und Lehrling sich schon mal kennen lernen und sich ein Bild voneinander machen“, erklärt Astrid Schmuhl, Leiterin des Projekts. Inzwischen konnten seit März drei Lehrverträge unterschrieben werden, zwei weitere stehen kurz vor dem Abschluss.

Doch nicht nur die Frauen profitieren von der Teilzeitausbildung. So erhalten Betriebe, die eine Mutter mit Hauptschulabschluss ausbilden, eine finanzielle Unterstützung von 150 Euro pro Monat. Außerdem wird das Gehalt der wöchentlichen Arbeitszeit entsprechend gekürzt, bei einer 30-Stunden-Woche zum Beispiel müssen nur 75 Prozent des Lohns bezahlt werden. Somit reduzieren sich die monatlichen Kosten ganz erheblich. Eine Auszubildende in Teilzeit (30-Stunden-Woche) im Einzelhandel kostet dann den Arbeitgeber im ersten Lehrjahr statt 587 Euro in Vollzeit nur noch 290 Euro im Monat. Und bei erfolgreichem Ausbildungsabschluss winkt dem Betrieb sogar eine Prämie von 750 Euro.

Aber nicht nur finanziell lohnt es sich, junge Mütter auszubilden. „Die Frauen sind hochmotiviert, verfügen über mehr Lebenserfahrung und haben bereits gelernt, Verantwortung zu übernehmen“, berichtet Astrid Schmuhl. „Sie haben auch keine höheren Fehlzeiten als Nicht-Mütter. Außerdem erzielen sie oftmals deutlich bessere Ergebnisse als ihre Kollegen ohne Nachwuchs.“ An Anreizen für Betriebe, es mit Teilzeit-Azubis zu versuchen, fehlt es also nicht.