000 Personen vor Ihnen
: Kirchenaustritt

Die Beamtin ist schon wieder da, wie sich herausstellt, und hat auch schon gegessen

Nach zwanzig Jahren Trödelei trete ich endlich aus der Kirche aus. „Sind Sie ledig, haben Sie Ihren Personalausweis dabei?“ Ja und ja. „Gott sei Dank“, sagt die Pförtnerin ganz ohne Ironie, „dann brauchen Sie keine weiteren Unterlagen.“

Der Automat im Warteraum bietet allgemeine Rechtsanträge und Kirchenaustritte zur Auswahl an. Ich bekomme die Nummer 504 mit der Information, dass 000 Personen vor mir sind. Dafür dauert es dann ganz schön lange. Die Aufrufanlage zeigt beharrlich die Nummer 503, und als sie endlich umspringt, steht dort 018.

Weil ich nicht gut vorbereitet bin und kein Buch eingepackt habe, studiere ich gelangweilt die Aufrufanlage. Dort finde ich den Hinweis, dass man vor dem Ziehen einer Nummer in die Infostelle gehen soll. Da war ich noch gar nicht. Nachfragen bei der Infostelle ergeben, dass die Austrittsbeamtin vor zehn Minuten mit einem eingepackten Mittagessen die Halle durchquert hätte. Da meine Wartezeit aber schon vor dem Zeitpunkt des Essenholens begann, schließt der auskunftsfreudige Kollege kurzerhand seinen Inforaum ab, um sich nun selbst vom Verbleib der Beamtin zu überzeugen.

Die Beamtin ist sogar schon wieder da, wie sich herausstellt, und hat auch schon gegessen. Sie vertraut mir an, dass mein Vorgänger, die Nummer 503, einen strengen Körpergeruch hatte und sie den verpesteten Raum erst lüften und mit einem auf Privatkosten erstandenen Raumspray hatte nachhelfen müssen.

Der Austritt selbst geht vergleichsweise flott. Ich soll sagen, aus welcher Kirche ich denn eigentlich austreten möchte, und nach einem Dialog über Körpergerüche, dem verantwortungsvollen und -losen Umgang mit ebendiesen sowie fehlenden Sachkostenzuschüssen einfach unterschreiben. Na bitte.

KATHARINA HEIN