Bühne frei für die Machtprobe

Afrikanische Union beschließt salomonische Lösung für die Elfenbeinküste: Präsident Gbagbo bleibt weiter im Amt, hat aber nichts mehr zu sagen. Regieren soll Premier Banny – sogar beim Militär

AUS ABIDJAN HAKEEM JIMO

Es ist keine Bombe eingeschlagen. Auch nach der Sitzung des Sicherheitsrates der Afrikanischen Union (AU) geht das Leben auf den Straßen Abidjans normal weiter. An den Kioskständen der Metropole der Elfenbeinküste verbreiten die Tageszeitungen den neuesten Dreh in der ivorischen Krise: Präsident Laurent Gbagbo soll ein weiteres Jahr im Amt bleiben. Aber er wird weitreichende Machtbefugnisse an den Premierminister abgeben müssen. Dazu gehören das Oberkommando über die Streitkräfte, das Ernennen von Führungskadern auch in Militär und Verwaltung sowie die Unabhängigkeit in der Budgetverwaltung. Banny darf sogar mittels Dekreten regieren.

Darauf hat sich der AU-Sicherheitsrat am Dienstag in Addis Abeba geeinigt. Vorsichtshalber verstärkten ivorische Sicherheitskräfte am Tag der AU-Tagung ihre Präsenz in Abidjan. Die Bewohner mieden in der Nacht die Straßen. Aber die Sorge vor spontaner Gewalt als Reaktion auf die Resolution erwies sich zunächst als unbegründet. Auch die Kolumnisten der Zeitungen reagieren zumindest für ivorische Verhältnisse wenig ungestüm. Sie erwarten nicht, dass der AU-Beschluss wirklich etwas an der Krise der Elfenbeinküste ändert. „Cafouillage“ (Durcheinander) titelt das Regierungskampfblatt Notre Voie. Die unabhängige Tageszeitung Le Jour nennt das Ergebnis der AU die „Kunst, sich im Kreis zu drehen“. Eine andere Zeitung schreibt: „Der Teufel steckt im Detail.“

So sehen es auch die Ivorer, deren Land seit vier Jahren durch eine Rebellion geteilt ist. Nach wie vor konnten weder Rebellen im Norden des Landes noch die Gbagbo-treuen Regierungsmilizen im Süden um Abidjan entwaffnet werden. Ursprünglich waren Wahlen 2005 vorgesehen. Im Oktober 2005 legte die UNO wegen der Teilung des Landes die Wahlen auf Oktober 2006 fest. Und nun ist von Oktober 2007 die Rede.

Das Modell, Gbagbo im Amt zu lassen, ihn aber auf dem Papier zugunsten des Premierministers Charles Konan Banny zu schwächen, hat seine Grenzen bereits aufgezeigt. Banny gestand während des AU-Gipfeltreffens ein, dass zwar auch schon die UNO-Resolution vor einem Jahr ihm weitreichende Kompetenzen zugestanden hatte, aber er ausgebremst worden sei, zum Beispiel weil er nicht über Gelder des Staatshaushaltes verfügen konnte. Auch beschwerte er sich, dass der Generalstabschef ihn nicht respektiere. Ob sich daran jetzt etwas ändern wird, weiß keiner.

Wenn der UNO-Sicherheitsrat am kommenden Mittwoch den Vorgaben der AU folgt und sie dann auch tatsächlich notfalls mit Hilfe der Blauhelmsoldaten durchsetzt, wird allerdings die Luft für Präsident Gbagbo dünner. Der ehemalige Universitätsprofessor scheint dies zu ahnen. In den vergangenen Wochen attackierte er die UNO-Friedensmission: Sie habe ihr Ziel nicht erreicht, sei damit überflüssig und könne abziehen. Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Opposition und Rebellen wollen Gbagbo kein weiteres Jahr im Amt sehen und haben ab dem 31. Oktober, dem vorgesehenen und nun verschobenen Wahltag, einen Generalstreik angekündigt.