Regierung schweigt, Bundeswehr fliegt

Abgeordnete der Opposition fordern die Regierung auf, sie über Einsätze der Bundeswehr im gefährlichen Süden Afghanistans zu informieren – davor, nicht danach. Dieses Jahr haben die Deutschen dort schon rund 60 Unterstützungsmissionen geflogen

VON DOMINIK SCHOTTNER

Parlamentarier von FDP und Linksfraktion haben die Bundesregierung für ihre Informationspolitik im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr erneut energisch kritisiert. „Die Regierung hat uns glatt angelogen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Norman Paech, der taz.

Er bezog sich dabei auf eine Meldung des Spiegels, wonach die Bundeswehr in diesem Jahr bereits etwa 60 Einsätze zur Unterstützung der Alliierten im heftig umkämpften Süden Afghanistan geflogen habe. Teile der Opposition, aber auch der Koalition befürchten schon länger, dass deutsche Truppen langsam, aber sicher in die Kämpfe im Süden hineingezogen werden könnten.

Am Donnerstag hatte der Bundestag das Isaf-Mandat um ein Jahr verlängert und das Einsatzgebiet der deutschen Truppen wiederholt auf den Norden begrenzt. Nur in Ausnahmefällen dürfen Soldaten auch im Süden aktiv werden, zum Beispiel für logistische oder technische Unterstützung der Bündnispartner.

Die Regelung soll verhindern, dass die dem Wiederaufbau des Landes dienende Isaf-Mission und die auf die Bekämpfung des Terrorismus ausgelegten Operation „Enduring Freedom“ (OEF) verwischt werden. Das hofft auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Werner Hoyer: „Ich gehe von einer sauberen Trennung der beiden Missionen aus.“ Allerdings müsse man überprüfen, ob die vom Mandat gedeckten und jetzt publik gewordenen Einsätze im Süden Afghanistans „nicht schon längst zur Routine geworden“ und somit keine Ausnahmen mehr sind.

Hoyer beklagte zudem die „fatale Neigung des Verteidigungsministeriums“, eher den Verteidigungsausschuss des Bundestages über solche Einsätze zu informieren als den Auswärtigen Ausschuss: „Aber der ist eigentlich federführend in dieser Angelegenheit.“

Auch Norman Paech schloss sich dieser Kritik an. Eigentlich habe er erwartet, dass die Regierung dem Parlament vor etwaigen Einsätzen im Süden Bericht erstatte. Dass dies nun aber rückwirkend und zudem über die falschen Kanäle geschehen sei, findet Paech „ziemlich empörend“.

Der Obmann der Grünen im Verteidigungsausschuss, Winfried Nachtwei, wusste über die Einsätze offenbar schon vor der Veröffentlichung durch den Spiegel. Er sei ordnungsgemäß von den zuständigen Stellen unterrichtet worden, sagte er der taz. Nachtwei betonte zudem, dass die Mitteilung seinerzeit „nicht der Geheimhaltung“ unterlegen habe. Nachtweis Parteifreund Winfried Hermann war von der Nachricht „nicht überrascht. Das Problem ist aber: So werden wir Teil des logistischen Kampfes.“

Er habe die große Sorge, dass schon bald deutsche Soldaten im Süden Afghanistans sterben könnten, da feindliche Kämpfer die Deutschen den dort stationierten Kanadiern, Briten, Amerikanern und Niederländern zurechnen würden, mit denen sich die Aufständischen seit Wochen heftige Kämpfe liefern. Nachtwei fordert die Bundesregierung deshalb auf, einen Plan zum Abzug der Bundeswehr, eine so genannte Exit-Strategie, zu entwickeln.

Laut einem Bericht der Bild-Zeitung will Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) künftig besser über die streng geheimen Einsätze deutscher Elitesoldaten informieren. Der außenpolitische Sprecher der CDU, Eckart von Klaeden, sagte der Zeitung, der Verteidigungsminister habe zugesagt, „für den Fall eines KSK-Einsatzes in Afghanistan die Obleute des Auswärtigen Ausschusses unverzüglich“ zu unterrichten.