Unterwegs nach Europa

WEITBLICK Johannes Geis schießt den FC Augsburg ab. Seine Leistung wirft ein Licht auf die kluge Transferpolitik des FSV Mainz 05

MAINZ taz | Hinterher trug der Mainzer Matchwinner stolz das auf links gedrehte Dress eines Augsburger Ersatzspielers. Johannes Geis war nach dem Händeschütteln mit den eigenen Mitspielern schließlich zielgerichtet auf Ronny Philp zugegangen. „Wir kennen uns aus der Fürther U23“, klärte ein glücklicher Geis auf. Endlich, endlich war ihm beim souveränen Erfolg gegen den FCA Geis der erste Treffer im Mainzer Trikot.

39 vergebliche Versuche hatte der Mittelfeldmann außerhalb des Strafraums bislang abgegeben, nun rauschte die 40. Vollspann-Variante zum 3:0-Endstand in die Maschen. Zuvor hatte Geis das 1:0 durch Niko Bungert (23.) per Eckstoß und das 2:0-Eigentor von Marvin Hitz (36.) mit seinen Pass eingeleitet. Woher diese Gabe als Scharfschütze denn rührt? Geis verwies auf den Vater. „Der hat sich ins Tor gestellt, und ich habe ihm die Bälle auf die Kiste genagelt.“ Immer und immer wieder.

Reichlich abgezockt wirkt der Jungspund, der erst auf der Zielgeraden der Vorsaison beim Absteiger Greuther Fürth in Erscheinung trat. Eigentlich war der U-21-Nationalspieler auserkoren, den Weg mit Fürth in die Zweite Liga mitzugehen, bis der Mainzer Manager Christian Heidel auf den Plan trat. „Ich habe Präsident Helmut Hack angerufen, ob es eine Chance gibt, diesen Spieler zu bekommen“, erklärt Heidel. „Er hat nur geantwortet: Das wird aber teuer!‘“ Letztlich sollen rund 900.000 Euro Ablöse geflossen sein. Heidel nennt es rückblickend eine „Risikoverpflichtung“. Mainz’ Trainer Tuchel urteilte dann am Samstag: „Der Treffer war das i-Tüpfelchen auf der Leistung von Geisi. Mit seiner Energie, Wachheit und Überzeugung ist er extrem wichtig für uns. Er spielt wahnsinnig konstant auf hohem Niveau.“

Geis interpretiert ihn auf moderne Art: weitsichtig, handlungsschnell, durchsetzungsstark. Und er geht so zielgerichtet wie ein Quarterback vor: nach Balleroberung ist er es, der umgehend das Leder mit vertikalen und schnellen Zuspielen in die Spitze bringt. Geis steht für die innovative Transferpolitik der Rheinhessen, die sich auch deshalb von renommierten Klubs wie Werder Bremen, dem Hamburger SV oder dem VfB Stuttgart abgesetzt haben.

Wenn diese mit bemerkenswerter Selbstsicherheit auftretende Mainzer Mannschaft in den Europapokal einzieht, dann hat Geis auf seiner Lieblingsposition einen entscheidenden Anteil. „Wenn man in der Tabelle jetzt so weit oben steht, will man da auch nicht mehr weg“, sagt er. Dass er beim Ausbildungsverein FSV Mainz 05 angeheuert hat, bewertet er rückblickend „als genau den richtigen Schritt.“ Weil hier seine Entwicklung methodisch vorangetrieben wird. Chefcoach Tuchel oder Ko-Trainer Arno Michels gehen fast jede Woche mit ihm im Videoraum noch einmal Szenen durch, um Korrekturen anzubringen. Geis: „Die zeigen mir auf, wo ich mich verbessern kann. Die finden noch eine ganze Menge.“ Matchwinner hin oder her. FRANK HELLMANN