Wahl der besten Sozialdemokraten

Knapper Wahlausgang bei schwedischen Parlamentswahlen am Sonntag erwartet. Linke Regierungskoalition bangt trotz optimistischer Stimmung im Land. Die konservative Opposition präsentiert sich als „moderne“ Sozialdemokratie

Mit Steuersenkungen oder mehr Sozialleistungen gegen Arbeitslosigkeit

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Wölfe werden möglicherweise die schwedische Parlamentswahl am kommenden Sonntag entscheiden. Davon gibt es zwar im ganzen Land nur 150 bis 200. Doch da, wo sie sich angesiedelt haben, werden sie vom überwiegenden Teil der Bevölkerung nicht gern gesehen. Und nun haben sie sich zum Wahlkampfthema Nummer eins entwickelt, das die Sozialdemokraten, die meinen, dass in Schweden auch Platz sein müsse für ein paar Wölfe, einige tausend Stimmen kosten könnten. Entscheidende Stimmen womöglich.

Seit Wochen melden die Meinungsforscher ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der oppositionellen „Allianz“ und der jetzigen Regierungsmehrheit aus Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei. Deshalb muss sich die Partei Sorgen machen, die das Land seit 1932 fast ununterbrochen regiert, die letzten zehn Jahre davon mit dem 57-jährigen Göran Persson als Ministerpräsidenten.

Wahlentscheidend werden die noch Unentschiedenen sein. Und das ist mehr als jeder Fünfte der 6,8 Millionen Wahlberechtigten. Zwar boomt die Wirtschaft seit Jahren, der Staatshaushalt weist einen Überschuss auf, und die meisten SchwedInnen sind mit ihrer Lebenssituation zufrieden. Doch genau in solch einer Situation hat sich in der Vergangenheit die Mehrheit der WählerInnen bereits zweimal eine Alternative zu den Sozialdemokraten gesucht. Nach dem Motto: Es geht gut, aber vielleicht machen es die anderen noch besser?

Der Mann, der es besser machen will, heißt Fredrik Reinfeldt. Der 41-Jährige ist Vorsitzender der konservativen „Moderaterna“ (Gemäßigte Partei) und gemeinsamer Kandidat der aus vier Parteien bestehenden „Allianz für Schweden“ den Posten des Ministerpräsidenten. Dieser Zusammenschluss ist ebenso eine Premiere wie das gemeinsame Wahlprogramm, auf das sich die vier sonst zerstrittenen Parteien des rechten politischen Lagers geeinigt haben. Für einen Wahlsieg müssten vor allem die Konservativen deutlich besser abscheiden als vor vier Jahren, als die zweitstärkste Partei des Landes mit 15 Prozent weit abgeschlagen hinter den Sozialdemokraten mit ihren 39 Prozent landete. Nach dieser Schlappe hatte Reinfeldt seiner Partei eine programmatische Rundumerneuerung verpasst. Die traditionell als Partei der Gutbetuchten geltenden „Moderaterna“ haben seither ein „neu“ vor ihren Parteinamen gesetzt und werben damit, die „neue Arbeiterpartei“ zu sein, die „moderneren“ Sozialdemokraten.

Die „Allianz“-Parteien versprechen für den Fall eines Wahlsiegs nicht nur erweiterte Abschussrechte auf Wölfe. Sondern vor allem Steuersenkungen für Lohnempfänger und Abgabenentlastungen für Unternehmer nach dem Motto: Arbeit soll sich wieder lohnen. Mit Kürzungen müssen dagegen Arbeitslose rechnen sowie Kranke und Eltern, die wegen ihrer Kinder zu Hause bleiben. Die Sozialdemokraten geißeln dies als „Klassenpolitik“; sie wollen im Gegenteil die Sozialleistungen für sozial Schwache erhöhen. Ihr Motto: Nur wer sich wirtschaftlich abgesichert weiß, wagt sich an neue Herausforderungen. Das Ziel beider Wahlalternativen ist dasselbe: Die Senkung der für schwedische Verhältnisse hohen Arbeitslosigkeit von rund 5 Prozent. Und die Gesellschaft soll sich auf kommende Veränderungen in der wirtschaftlichen Struktur des Landes einstellen – Stichwort: Globalisierung.