Gesetzesänderung in Chile: Ein Stück Pinochet weniger

CHILE Der Hungerstreik der Mapuche zeigt Reaktionen: Senat ändert Anti-Terror-Gesetz

BUENOS AIRES taz | In Chile kommt die Änderung des umstrittenen Antiterrorgesetzes aus den Zeiten der Militärdiktatur voran. Am Mittwoch stimmte der Senat einer entsprechenden Vorlage einstimmig zu. Eine wichtige Änderung ist, dass künftig keine Minderjährigen mehr nach dem Antiterrorgesetz angeklagt werden.

Zudem wurde die Definition der „terroristischen Straftat“ geändert. Bisher wurde alles, was in der „Bevölkerung Furcht auslöst“, als „terroristische Straftat“ verfolgt. Jetzt sollen nicht mehr alle Straftaten, bei denen etwa Sprengstoff verwandt wird, automatisch als Terrorismus verfolgt werden. Dagegen wurde in einigen Fällen das Strafmaß erhöht, etwa für finanzielle Unterstützung von Terrorismus.

Die Verteidiger sollen zukünftig auch anonyme Zeugen ins Kreuzverhör nehmen können. Auch soll es zukünftig nicht mehr möglich sein, jemanden aufgrund anonymer Zeugenaussagen anzuzeigen, weil er möglicherweise eine „terroristische Straftat“ begehen könnte.

Der seit über 80 Tagen andauernde Hungerstreik von 34 gefangenen Mapuche richtet sich gegen die Anwendung des Antiterrorgesetzes, mit dem sie vor ein Militärgericht gestellt werden sollen. Ihnen wird unter anderem versuchter Mord, Bildung einer kriminellen Vereinigung, Gewalt gegen die Polizei, Brandstiftung und Holzdiebstahl vorgeworfen. Die mutmaßlichen Delikte ereigneten sich im Zusammenhang mit Protestaktionen.

Kritiker werfen dem Präsidenten vor, er wolle das schlampig entworfene Gesetz aus der Zeit der Militärdiktatur lediglich technisch perfektionieren und demokratisch legitimieren lassen.

Jetzt muss noch das Abgeordnetenhaus den Änderungen zustimmen und dann Präsident Sebastián Piñera selbst. Unklar ist, ob die inhaftierten Mapuche weiterhin vor ein Militärgericht gestellt werden sollen und ob sie wegen der jetzt vorgenommenen Änderungen den Hungerstreik abbrechen werden.JÜRGEN VOGT