Kraft spaltet Bremen und umzu

Der Kommunalverbund verlangt eine Reduzierung der Einzelhandels-Fläche des Möbelhauses Kraft, das das Radio-Bremen-Grundstück kaufen soll. Bremen setzt sich über Konsens-Verfahren hinweg

von Klaus Wolschner

Der Beschluss der Baudeputation gestern Mittag war eindeutig: Das Bebauungsplan-Verfahren für die Ansiedlung des Möbel-Discounters Kraft beim Weserpark soll wie geplant in Gang gesetzt werden. Radio Bremen braucht die acht Millionen Verkaufserlös für die Finanzierung seines Neubaus, die heftigen Bedenken der Umlandgemeinden lässt der Bausenator nicht gelten.

Manfred Cordes ist der Vorsitzende des Kommunalverbundes und gleichzeitig Bürgermeister der Gemeinde Oyten. „Ich hoffe, dass wir zu einem Konsens kommen“, sagt er vor der Abstimmung noch. Ein einseitiger Beschluss in Bremen sei „äußerst bedenklich“, denn „wir wollen ja gut zusammen arbeiten“. Die geplante Ansiedlung von Kraft auf dem Radio-Bremen-Gelände sei „das erste große Problem“ in dem seit Jahre erfolgreich durchgeführten Konsens-Verfahren „Image“.

Unter diesem Namen sind Kriterien zur Bewertung der regionalen Auswirkung von Neuansiedlungen vereinbart worden, unter dem Dach des Kommunalverbundes sollen Interessen der Nachbarn berücksichtigt werden. Das Ergebnis von Image ist klar: Rund um Bremen herum sind die Gemeinden nicht einverstanden und finden auch in dem Zahlenwerk Argumente für ihren Einspruch. Kraft soll kleiner bauen, um bestehende andere Geschäfte nicht übermäßig zu gefährden. Der Bremer Bausenator widerspricht dieser Bewertung – und verweist hilfsweise darauf, dass Kurt Krieger, Besitzer von Kraft, sich mit einer kleineren Verkaufsfläche nicht zufrieden geben würde. Bremen ist unter Zeitdruck – wenn der Bebauungsplan nicht bis zum 31. Dezember steht, hat der Investor ein Rücktrittsrecht.

„Man muss sich einigen, sonst geht es hier nicht voran in der Region“, sagt der Geschäftsführer des Kommunalverbundes, Ulrich Kinder. Natürlich, Image sei ein freiwilliges Verfahren, eine Gemeinde könnte das Votum ignorieren. Aber: „Bisher hatten wir das noch nicht.“

Der Bürgermeister von Ottersberg, Gerhard Behrens, sieht in der Region eigentlich genug Möbel-Discounter: „Regional sind wir gut aufgestellt“, sagt er. In Ottersberg mit Dodenhof, in Delmenhorst allemal, und auch in Osterholz. Diese Möbel-Geschäfte haben nur einen kleinen Nachteil: Sie liegen vor der engen Landesgrenze Bremens und ziehen Kaufkraft ab. Andere Oberzentren ziehen Kaufkraft an, auch in dem Segment Möbel. Behrens bringt es auf den Punkt: „Man muss die Dinge aus der Sicht der Region sehen und nicht nur als Oberzentrum.“

In der Pressemitteilung des Bremer CDU-Wirtschaftspolitikers Dieter Focke kommt die Region nicht vor. Er formuliert ganz schlicht: „Im Bereich der Möbelhäuser haben wir innerhalb Bremens erhebliche Defizite.“ Wenn Bremen jetzt aber das Konsens-Verfahren platzen lässt, dann ist das ein Präzedenz-Fall: Warum sollen andere sich an Regionalinteressen binden?

Bausenator Ronald-Mike Neumeyer (CDU) hofft, dass die Umlandgemeinden dennoch einlenken. Er will Themen, die direkt nichts mit dem Möbel-Verkauf zu tun haben, in den Interessenausgleich einbringen. Die Einzelhandels-Flächen am Weser-Park könnten begrenzt werden, eine Straßenanbindung von der Achimer Gewerbefläche an den Weser-Park und die A 27 könnte mit Geld, dass Kraft bereit ist auszugeben, realisiert werden. Der Nachteil bei diesen Kompromiss-Angeboten: Die Gemeinde Achim hätte sicher ein Interesse daran und könnte es als Kompensation begreifen, die anderen Umland-Gemeinden weniger.