Calderón fast Präsident Mexikos

Entscheidung des Obersten Wahlgerichts: Unregelmäßigkeiten haben keinen Einfluss auf Wahlergebnis vom 2. Juli. Unterlegener López Obrador will weiter demonstrieren

MEXIKO-STADT taz ■ Mexikos konservativer Präsidentschaftskandidat Felipe Calderón nähert sich seinem Sieg. Die Ergebnisse einer partiellen Nachzählung der am 2. Juli abgegebenen Stimmen hätten bestätigt, dass Calderón mit einem leichten Vorsprung vor seinem Konkurrenten Andrés Manuel López Obrador liege, erklärte das mexikanische Bundeswahlgericht am Montag. Die Juristen wiesen die meisten der wegen des Verdachts auf Wahlbetrug eingebrachten Klagen einstimmig zurück. Der gemäßigt linke López Obrador kündigte noch am selben Abend an, dass er das Resultat nicht anerkennen werde. „Die Richter stützen die Kriminellen, die uns um die Präsidentschaft bringen wollen,“ erklärte der Politiker der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) in Mexiko-Stadt.

Nach ersten Auszählungen der Wahlen vom 2. Juli lag der PRD-Mann López Obrador mit knapp 244.000 Stimmen, also 0,58 Prozentpunkten, hinter Calderón. Um einen Wahlbetrug auszuschließen, hatte die PRD gefordert, alle Stimmzettel neu zu zählen. Das oberste Wahlgericht ordnete jedoch nur eine partielle Zählung von 11.839 Urnen, also etwa neun Prozent an. Das Ergebnis: Calderón büßte etwa 81.000 Stimmen ein, López Obrador knappe 77.000. „Nach den von uns als notwendig erachteten Annullierungen haben alle Parteien eine beträchtliche Anzahl von Stimmen verloren, aber das hat das Resultat nicht beeinflusst“, resümierte der Wahlrichter José Alejandro Luna Ramos.

Trotz des eindeutigen Ergebnisses hat das Gericht Calderón, der für die Partei der Nationalen Aktion (PAN) angetreten ist, noch nicht offiziell zum Sieger erklärt. Zunächst müssen noch weitere Einwände verhandelt werden. So etwa der Vorwurf der PRD, dass sich Mexikos Präsident Vicente Fox (PAN) im Wahlkampf unrechtmäßig für seinen Parteifreund eingesetzt und die Nationale Wahlbehörde einseitig gegen die PRD agiert habe. Bis Donnerstag muss die Verhandlung abgeschlossen sein, bis zum 6. September müssen die Richter einen Präsidenten ernennen.

Damit dürfte die Auseinandersetzung um das mexikanische Präsidentschaftsamt jedoch kein Ende haben. Seit vier Wochen blockieren Anhänger von López Obrador mit einem Protestcamp das Zentrum von Mexiko-Stadt. Für den kommenden Freitag hat die PRD dazu aufgerufen, das Bundesparlament zu belagern. An diesem Tag wird Staatschef Fox vor den Abgeordneten seinen letzten jährlichen Rechenschaftsbericht ablegen. „Es interessiert uns nicht mehr, was sie tun. Wir haben keinen Respekt mehr vor ihren Institutionen, weil sie nicht die des Volkes sind“, erklärte López Obrador in einer seiner allabendlichen Reden auf dem Zócalo, dem zentralen Platz der Hauptstadt.

Die PRD mobilisiert nun für einen „Nationalen Demokratischen Konvent“, der sich am 16. September zusammensetzen soll. Hunderttausende „Delegierte“ von indigenen Gemeinden, Gewerkschaften, Bauernverbänden oder sozialen Organisationen sollen sich im Zentrum von Mexiko-Stadt treffen, um eine „Widerstandsregierung“ ins Leben zu rufen. Ob die Partei damit großen Erfolg haben wird, ist fraglich. Einige Unterstützer haben sich angesichts der Radikalisierung bereits zurückgezogen. Am Montag forderte die der PRD nahe stehende Arbeiter- und Bauernorganisation Croc die Anerkennung der Gerichtsentscheidung und sprach sich gegen eine Weiterführung des Protestcamps aus. WOLF-DIETER VOGEL