„boomregion“ ostsee
: Passt nicht, was zusammengehört

Das hatten sich Marketing-Strategen und sonstige Geisterbeschwörer so schön gedacht. Hatten endlich ein Label gefunden für eine Region, die geologisch einheitlich sein mag, wirtschaftlich und historisch aber keineswegs: Die „Boomregion Ostsee“ wurde ausgerufen; wie von Zauberhand sollte alsbald Fortschritt erfolgen.

Kommentarvon Petra Schellen

Emsig reisen deshalb seit Jahren Oberhäupter norddeutscher Hansestädte an das stille Meer, um Handelskooperationen zu vereinbaren. Was so weit auch funktioniert – wäre da nicht die Tatsache, dass der Ostseeraum so homogen nicht ist. Dass dort – wie in der Rest-EU – Divergenzen zwischen West und Ost herrschen und folglich ein Europa der zwei Geschwindigkeiten.

Dass sich die westlichen Ostsee-Anrainer nur marginal am Ostseehandel beteiligen, war ebenso erwartbar wie das mühsame Buhlen der kleineren baltischen Staaten um Handelskontakte. Wenig überraschend auch, dass Estland hier an der Spitze steht.

Und Russland? Wird längst nicht mehr als „Feind“ gesehen. Denn immerhin entwickeln sich die Häfen bei Kaliningrad und in St. Petersburg rasant und könnten irgendwann den Ostseeraum dominieren wie einst. Doch über derlei Verwerfungen schweigen die Boom-Propagandisten lieber. Ist doch viel bequemer, den Erzählungen der guten alten Hanse-Zeit zu lauschen.