Jugendaustausch

Verändert das Leben

Schon der alte Goethe hat es gewusst: Reisen bildet. Und je länger wir reisen, desto besser. So denken auch immer mehr Jugendliche nach dem Schulabschluss. Doch statt faul am Strand herumzuliegen, wollen viele lieber arbeiten, in Workcamps etwa, als Aupair oder im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres. Dass mehrwöchige Jugendbegegnungen gut sind für das interkulturelle Verständnis, ist jetzt auch wissenschaftlich bewiesen. In einer Forschungsstudie, die Anfang September als Buch erscheint, präsentieren Wissenschaftler der Universität Regensburg die Ergebnisse der zweieinhalb Jahre dauernden Studie. Befragt wurden 131 ehemalige Teilnehmer von Jugendbegegnungen aus dem In- und Ausland mittels ein- bis zweistündiger Interviews, 535 weitere Teilnehmer aus Deutschland wurden per Fragebogen um ihre Meinung gebeten. Nachhaltige Wirkungen auf die Persönlichkeit und die weitere Biografie der Teilnehmer, so eine der Erkenntnisse, sind auch zehn Jahre nach einer Jugendbegegnung nachweisbar. Das besuchte Land wird aus einer Insider-Perspektive wahrgenommen, die Fremdsprachenkompetenz steigt. Selbstvertrauen und Selbstsicherheit wachsen im Umgang mit fremden Kulturen. Jugendliche, die sich im Ausland zurechtfinden müssen, sind laut Studie offener, flexibler und gelassener. Es gibt jedoch auch Kritik, etwa an der Auswahl der Länder. Viele Jugendliche fahren nach wie vor lieber nach Frankreich, Spanien oder in die USA als nach Polen oder in andere osteuropäische Länder, was bedeutet, dass sich der interkulturelle Austausch auf einige wenige Länder beschränkt. Auch die Subventionierung solcher Jugendbegegnungen ist einseitig. „Internationale Gelder fließen für Frankreich, Tschechien, Israel und Russland“, so Rolf Witte von der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung e. V., einem Austauschträger, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Für muslimische Länder dagegen sei kaum Geld vorhanden. „Obwohl die Begegnungen mit Jugendlichen dort gerade wichtig wäre.“ Egal, ob Jugendliche Lust auf das jeweilige Land haben, in das sie fahren, oder nicht: die Auslandsreise ist für viele eine Bereicherung. Auch nach einem Aufenthalt in einem „unbeliebten“ Land wie Polen gaben sechzig Prozent der Befragten im Nachhinein an, ihr Interesse an dem Land sei gewachsen. Selbst kurze Austauschprogramme können dazu führen, dass langjährige Kontakte zwischen Jugendlichen beider Austauschländer entstehen, was dazu führt, dass Teilnehmer von Jugendbegegnungen noch öfter ins Ausland fahren. Das hat auch Vorteile bei der Berufswahl. Wer schon in jungen Jahren Auslandserfahrung vorweisen kann, hat es leichter auf dem Berufs- und Bildungsmarkt. Und eine positiv in Erinnerung behaltene Jugendbegegnung im Schulalter nimmt auch die Hemmschwelle, sich später einen Studienplatz oder Job im Ausland zu suchen. Das Interesse am Freiwilligen Sozialen Jahr im Ausland ist in Deutschland mittlerweile so riesig, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (www.bmfsfj.de) eine Broschüre herausgegeben hat. Sie enthält neben Tipps und Infos ca. zweihundert Adressen der zugelassenen Träger für das FSJ. Christine Berger

„Erlebnisse, die verändern. Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen“. Vandenhoeck & Ruprecht, 2006, ca. 300 Seiten, 39,90 Euro, ab September 2006