„Kaum verlässliche Zahlen“

PODIUM Linksfraktion lädt zur Diskussion über Autonomie und Ausbeutung in der Sexarbeit

■ 53, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion der Linkspartei in der Bremischen Bürgerschaft.

taz: Frau Bernhard, wie groß bewerten Sie das Problem der Zwangsprostitution?

Claudia Bernhard: Das Problem ist selbstverständlich ein großes und es muss bekämpft werden, dass man dort Frauen sexistisch ausbeutet. Wir brauchen gesetzliche Regelungen, Opferschutz, Aussagen-Unterstützung und Aufenthaltsgenehmigungen. Aber: Um die Frage der Zwangsprostitution geht es bei unserer heutigen Veranstaltung nicht in erster Linie. Es gibt die Auseinandersetzung um die Neufassung des Prostitutionsgesetzes…

in deren Zusammenhang die einen sagen, es hätte die Zwangsprostitution beflügelt, wohingegen die anderen dieses Problem marginal nennen.

Es gibt kaum verlässliche Zahlen dazu, wie groß der Anteil der Zwangsprostitution ist. Aber mit einer Verbotsdebatte kommen wir nicht weiter, denn Illegalität befördert die Zwangsprostitution. Leider gibt es aber die Tendenz, Prostitution wieder stärker zu brandmarken.

Woher kommt der Rollback?

Schwer zu sagen. In der Diskussion verhandeln wir die ganzen gesellschaftlichen Moralvorstellungen mit. Plötzlich ist ja auch Homophobie wieder stärker ein Thema, überkommene Rollenbilder werden wieder ins Feld geführt.

Ein Bremer Prostitutionsgesetz hatte klare Regeln für das Gewerbe im Sinn, inklusive einem Zugriff auf Modellwohnungen.

Ich bin nicht gegen die Kontrolle, nur muss man sehen, was man bekämpft und ob man den Verdacht gegen alle im Gewerbe richtet – das ja nach wie vor kein wirkliches Gewerbe ist.

Warum nicht?

Weil mit der Legalisierung durch das Bundes-Prostitutionsgesetz 2002 versäumt wurde, die gewerberechtliche Seite im Bundesrat zu klären.

Wie lassen sich die Bedingungen der Sexarbeit verbessern?

Man muss Möglichkeiten finden, damit wir eine Entscheidungsfreiheit hinbekommen. Also: Was es an Beratung und gesundheitlicher Unterstützung braucht, und auch, was man für Ausstiegsszenarien anbieten kann.  Interview: jpb

19 Uhr, Lagerhaus, Schildstr. 12