Vitali Klitschko siegt nach Punkten

SICHERHEITSKONFERENZ Der ukrainische Oppositionelle ist der umjubelte Star in München. Doch eine Lösung des Konflikts zeichnet sich nicht ab. Russland unterstützt weiterhin die Regierung Janukowitsch, der Westen bevorzugt dagegen die Oppositionsparteien

AUS MÜNCHEN TOBIAS SCHULZE

Von einem Superstar der Münchner Sicherheitskonferenz zu sprechen, ziemt sich eigentlich nicht. Im Hotel Bayerischer Hof diskutierten am Wochenende Außenpolitiker, Militärs und Experten über blutige Konflikte in der Welt, über die Atomgefahr aus dem Iran und über Kriegseinsätze in Krisenherden. Diese Konferenz ist keine Filmpremiere. Aber es hilft ja nichts: Vitali Klitschko war nun einmal der Superstar der Veranstaltung. Kaum ein Politiker hat in 50 Jahren Sicherheitskonferenz so viele Kameras auf sich gezogen wie der ukrainische Oppositionelle, kaum einem hat das Publikum so ausgiebig applaudiert und so bedingungslos seine Solidarität ausgesprochen.

Trotzdem ist Klitschko am Sonntag ernüchtert nach Kiew zurückgereist. So viele Vieraugengespräche mit westlichen Diplomaten er in zwei Tagen auch geführt hat – konkrete Ergebnisse konnte er in München nicht präsentieren.

Klitschko will sofortige Neuwahlen

Auf dem Podium hatte Klitschko am Samstag die Forderungen der proeuropäischen ukrainischen Opposition bekräftigt: zurück zur demokratischeren Verfassung aus dem Jahr 2004, weniger Macht für den Präsidenten und sofortige Neuwahlen. Vertreter der EU und der USA ließen an ihrer Sympathie für Klitschkos Agenda keine Zweifel aufkommen und kritisierten die russische Regierung dafür, dass sie dem ukrainischen Präsidenten Janukowitsch den Rücken stärke. „Die Menschen in der Ukraine müssen über ihre Zukunft entscheiden und niemand sonst außerhalb des Landes“, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Russland denkt aber gar nicht daran, seine Position zu überdenken. Dass daran auch die diplomatischen Hintergrundgespräche in München nichts änderten, machte Außenminister Sergei Lawrow während seines Auftritts deutlich. Genüsslich drückte er auf einen wunden Punkt der Opposition: die Zusammenarbeit mit der nationalistischen Swoboda-Partei. „Warum verurteilen die Europäer nicht diejenigen, die in der Ukraine rassistische und antisemitische Slogans brüllen?“, fragte Lawrow.

Am Samstagmittag hatte Klitschko die Konferenz für ein paar Minuten verlassen. Er ließ sich durch die schwer bewachte Münchner Innenstadt zum Sendlinger Tor chauffieren, wo Exilukrainer eine Kundgebung abhielten. Statt nationalistischer Parolen riefen die Demonstranten zwar Klitschkos Namen. Aber zu den Organisatoren des Münchner Maidan gehörten auch Swoboda-Mitglieder.

Die Kritik an seinen Partnern konnte Klitschko auf der Sicherheitskonferenz trotzdem nichts anhaben. Obwohl er auf Podien etwas hölzern wirkt, so wie früher, als er sein Geld im Boxring und mit Werbung für Milchschnitte verdiente, inszeniert er seine Auftritte perfekt. In München saß der ukrainische Außenminister Leonid Koschara neben ihm auf der Bühne, auch er kritisierte Klitschkos Bündnis mit gewalttätigen Demonstranten. Und der frühere Boxweltmeister? Stand auf, ließ sich von Mitarbeitern Broschüren mit Fotos von Polizeiübergriffen reichen und verteilte sie unter den Diskussionsteilnehmern. Der Außenminister legte ein Pokerface auf und wechselte das Thema. Gehör fand er ob der starken Bildmotive aber nicht mehr.

Diese Diskussion hat Klitschko also gewonnen, trotzdem erreichte er seine eigentlichen Ziele vorerst nicht. Wiederholt forderte er Sanktionen der Europäischen Union gegen die ukrainische Regierung. Unter anderem plädierte er für Einreiseverbote und das Sperren von Bankkonten. Doch in München konnte Klitschko offenbar keinen EU-Politiker von dieser Idee überzeugen. Bundeskanzlerin Angela Merkel, auf der Sicherheitskonferenz nicht anwesend, hatte schon am Freitag gesagt: „Die Frage nach Sanktionen stellt sich für mich im Augenblick nicht.“

Die Klitschko-Festspiele von München endeten also ohne einen Durchbruch. Am Sonntagmittag sprach er schon wieder in Kiew vor etwa 50.000 Demonstranten, doch außer den warmen Worten des Westens konnte er ihnen keine Neuigkeiten übermitteln.