Massenarbeitslosigkeit
: Der alltägliche Skandal

Fördern und Fordern – mit diesem Motto sind gerade die Sozialdemokraten einmal in neue Offensive gegen die Massenarbeitslosigkeit gestartet. Noch immer regiert die SPD in Berlin mit, noch immer ist mit Franz Müntefering ein Sozialdemokrat Bundesarbeitsminister der großen Koalition. Doch von dem einstigen Slogan ist nichts mehr zu spüren. Gefördert werden Menschen auf Jobsuche kaum noch: Die Politik setzt nur noch auf Druck.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Bestes Beispiel: Die Milliardenüberschüsse der Bundesagentur für Arbeit. Satte 4,5 Milliarden wird die Bundesbehörde im laufenden Jahr nicht verwenden – auf Kosten der Arbeitssuchenden. Denn für sie fehlen Mittel für die dringend benötigte Eingliederungs- und Weiterbildungsförderung. Besonders hart trifft es dabei das Ruhrgebiet: Hier liegen die Arbeitslosenquoten wie etwa in Gelsenkirchen noch immer bei erschreckenden 20 Prozent.

Doch die Volksparteien gehen auf Tauchstation, wollen die Massenarbeitslosigkeit auch in Nordrhein-Westfalen einfach aussitzen. CDU-Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann lässt auf Anfrage ausrichten, er sei in Urlaub. Auch die ebenfalls angefragten Sozialdemokraten scheuen jede Antwort. Selbst die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit spricht nur über die Arbeitssuchenden, die noch Arbeitslosengeld I beziehen, die also weniger als ein Jahr auf Jobsuche sind. Im Klartext heißt das: Politik und Arbeitsverwaltung haben die „Langzeitarbeitslosen“ längst als hoffnungslose Fälle abgeschrieben – dabei machen die mehr als die Hälfte der Menschen auf Jobsuche aus. Für sie bleiben Ein-Euro-Jobs und zynische Missbrauchsdebatten, mag die Zahl der Fälle auch unter drei Prozent liegen. Doch CDU und SPD haben für Millionen Menschen in Not nicht mehr als ein Schulterzucken übrig. Die Reaktion der Volksparteien auf die Massenarbeitslosigkeit ist ein Skandal – alltäglich.