Vereint baden gehen

Schwimmvereine betreiben neuerdings Schwimmbäder. Sie tun es, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt, sagen sie. Denn die Berliner Bäderbetriebe werden weiter Schwimmbäder schließen müssen

von WALTRAUD SCHWAB

Kaum wahrgenommen von der Öffentlichkeit, vollzieht sich in der Berliner Bäderlandschaft derzeit eine Veränderung: Vermehrt betreiben oder pachten Berliner Schwimmvereine selbst Frei-, Hallen- und Strandbäder. Nicht nur um sie für ihre vereinseigenen sportlichen Zwecke zu nutzen, sondern auch, um sie für den allgemeinen Badebetrieb offen zu halten.

Neu eingestiegen ins Badegeschäft ist der Schwimmverein „Berliner Wasserratten“. Seit Anfang Juni betreibt er gleich drei Strandbäder. Und zwar jene am Tegeler See, am Plötzensee sowie in Lübars. Der bisherige Pächter hatte vorzeitig seinen Vertrag gekündigt, den für die Betreibung der Gastronomie allerdings behalten. Ohne zu ahnen, dass der Sommer sich so hitzefreudig zeigen würde, gingen die Wasserratten das Risiko ein, ihre Ausgaben für den laufenden Betrieb der Strandbäder einzig und allein durch die Eintrittspreise zu decken.

Die Argumentation der Wasserratten ist zukunftsorientiert: Sie übernähmen „eine Aufgabe, an der sich verschiedenste öffentliche Bereiche schon die Zähne ausgebissen haben“, einfach deshalb, weil sie sie übernehmen müssen. Die öffentliche Hand sei auf die Dauer nicht mehr in der Lage, die Bäder zu betreiben. Was hier wie selbstverständlich in der Vereinszeitung der Wasserratten zu lesen ist, wurde über Jahre von den Berliner Bäderbetrieben und dem Senat halbherzig dementiert.

Für die Wasserratten aber ist nun Fakt, dass die öffentliche Hand die vorhandenen Wasserflächen nicht dauerhaft erhalten kann. Deshalb wollen sie auf den Tag, an dem sie vor die Wahl gestellt werden, ein Bad zu übernehmen oder sich damit abzufinden, dass es geschlossen wird, vorbereitet sein. Der Schwimmverein stelle, so meinen sie, eine spannende Alternative zu rein gewinnorientierten Betreibern dar, da er aus sozial orientierten und sportlichen Gründen an der Erhaltung der Bäder interessiert sei.

Dass die Argumentation der „Wasserratten“ nicht aus der Luft gegriffen ist, bestätigt der Chef der 1996 gegründeten Berliner Bäderbetriebe (BBB), Klaus Lipinski. Aufgrund der sinkenden öffentlichen Zuschüsse sei es nicht mehr möglich, den vorhandenen Bäderbestand zu halten, bestätigt er. Deshalb sei es notwenig, Verantwortung in die Hände Dritter, seien es private Betreiber oder Vereine, zu geben. Sie könnten preiswerter arbeiten. Anders als die BBB dürften diese auch 1-Euro-Jobber oder Ehrenamtliche einsetzen, meint Lipinski.

Ganz so einfach ist es für die Vereine dann aber doch nicht. Die Berliner Wasserratten etwa mussten extra eine GmbH gründen, um das Bad betreiben zu können und das Haftungsrisiko für den Verein, der keine Gewinne erzielen darf, zu mindern.

Die Wasserratten sind nicht der erste Schwimmverein, der ein Bad betreibt. Auch die Wasserfreunde Spandau 04 sind mit von der Partie. Sie haben vor einem Jahr das Hallenbad Spandau Nord und das Sommerbad Weststaaken übernommen. Sie testen ihre Leistungsfähigkeit unter ungleich schwereren Bedingungen. Denn die Kosten, die bei Hallen- und Freibädern anfallen, sind durch die Wasseraufbereitung, die dort im Vergleich zu Strandbädern nötig ist, höher.

Betreiber des im Jahr 2000 geschlossenen Freibades Friedrichshagen am Müggelseedamm ist seit 2002 ebenfalls ein Sportverein, die Turngemeinde Berlin 1848 e. V. Anders als bei den Strandbädern, die nun von den Wasserratten betrieben, aber baulich noch von der BBB unterhalten werden, hat die Turngemeinde das Bad selbst restauriert. Zugänglich ist es allerdings nur für jene, die in der Turngemeinde Mitglied sind – oder dies werden. Die nicht vereinsgebundenen NutzerInnen bleiben außen vor.

Natürlich hoffen auch die Berliner Wasserratten, dass durch die Übernahme der Strandbäder mehr Menschen in ihren Verein eintreten. Denn während die Eintrittspreise für Nichtmitglieder an der Tarifstruktur des BBB ausgerichtet sind, obwohl das nicht vorgeschrieben ist, kommen Mitglieder der Wasserratten umsonst rein.