AUFM PLATZ
: So wird Raum geschaffen

Das deutsche Angriffspiel braucht Platz. Es geht ums Räumeschaffen. Leicht wird das nicht. Denn Argentiniens Abwehr steht sehr tief. Die vier Verteidiger werden sich nicht so leicht aus ihrer Warteposition locken lassen wie die Engländer. Noch viel mehr als in den vergangenen Spielen wird es auf Mesut Özils Ideen ankommen, der sich in Joachim Löws 4-2-3-1-System zu einem echten Spielmacher entwickelt hat.

Was Özil von Beginn an finden sollte, ist absolute Ballsicherheit. So viel Platz, wie ihm die Engländer gelassen haben, wird er gegen Argentinien nicht bekommen. Der Defensivstratege von Diego Maradona, Javier Mascherano, verfügt über ein beinahe perfektes Stellungsspiel. Vor allem ihn gilt es zu locken. Özil sei geraten, immer wieder nach außen auszuweichen, um Mascherano dahin mitzunehmen. Der Platz für vertikales Spiel kann in dem Moment entstehen, in dem Mascherano die Verteidigungsarbeit an den jeweiligen Außenverteidiger übergibt. Wenn er nach rechts ausweicht, muss Argentiniens Gabriel Heinze übernehmen. Der ist nicht der Schnellsten einer, er könnte durchaus auch Probleme bekommen, wenn Thomas Müller die Außenbahn entlangrauscht. Innen wird Miroslav Klose versuchen müssen, Martin Demichelis, seinen Kollegen vom FC Bayern, zu beschäftigen. Dass der durchaus mal ein Kopfballduell verliert, weiß Klose ja.

Bei allem Respekt vor Argentiniens Angriff mit Lionel Messi, Carlos Tevez und Gonzalo Huguain sollten die Deutschen nicht vergessen, auf die Ballschlepper im Mittelfeld zu achten. Maxi Rodriguez und Angel di Maria sind es, die die Lücke schließen zwischen der tief stehenden Abwehr Argentiniens und den drei Angreifern. Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira werden den beiden nachrennen müssen, um die Pässe auf die Angreifer zu verhindern. Die Innenverteidigung sollte schnell ausrücken, wenn Lionel Messi an den Ball kommt.

Besonders sehenswert dürfte das Duell zwischen dem deutschen Kapitän Philipp Lahm und Carlos Tevez werden. Der urgewaltige Stürmer dringt gern über das linke Strafraumeck in die Angriffszone ein. Auf der anderen Seite hat es Jerome Boateng, der unerfahrenste Verteidiger, nominell mit Lionel Messi zu tun. Doch der bevorzugt das Spiel über die Mitte. Es kommt darauf an, den Moment der Übergabe der Verteidigungsarbeit nicht zu verpassen (siehe oben). Ansonsten entstehen Räume für Messi und Platz für den Pass auf den zentralen Stürmer Higuain.

Wollen die Deutschen gewinnen, müssen sie Räume schaffen, wollen sie nicht verlieren, müssen sie die Räume eng machen. Ganz einfach.

ANDREAS RÜTTENAUER