Wilde Tiere werden nicht gleich erschossen

Wie man in Afrika mit Raubtieren lebt: Sind sie gefährlich geworden, werden sie zunächst betäubt – und nur notfalls abgeschossen

JOHANNESBURG taz ■ Wildtiere leben in Südafrika fast ausschließlich in den riesigen Naturparks wie dem Krüger Nationalpark – und die umgibt meist ein Zaun. Aber naturgemäß trampeln Elefanten einfache Absperrungen nieder. Löwen brechen gelegentlich aus, um in umliegenden Gebieten auf Jagd zu gehen. Es ist keine Seltenheit, dass Viehherden von Wildtieren überfallen und Mais- oder Zuckerrohrfelder in den Dörfern verwüstet werden.

Elefanten zum Beispiel mögen die Früchte des Marula-Baums, aus denen der begehrte Amarula-Likör hergestellt wird. Wenn sich ein Elefant an den Früchten der Bäume in den Dörfern vergreift und dabei materiellen Schaden anrichtet, versuchen Bewohner, das wilde Tier zu vertreiben. Nicht immer gehen solche Fälle glimpflich aus. Eine Einheit zur Kontrolle von „Problemtieren“ ist von der südafrikanischen Nationalparkbehörde eingerichtet worden, um für Menschen gefährlich gewordene Tiere zu fangen. „Sie werden jedoch nicht gleich erschossen, sondern in der Regel betäubt und wieder in ihre Gebiete zurückgebracht“, sagt Chris Roche, Mitarbeiter bei Wilderness-Safari in Johannesburg.

Ist die Situation lebensgefährlich oder ein Löwe fällt regelmäßig in Dorfgebiete ein, um Schafe oder Kühe zu reißen, wird ein solches Tier auch erschossen. „Es hängt aber von den Umständen ab“, sagt Roche. „Ein solches Tier kann per Antrag bei den offiziellen Behörden zur Trophäenjagd freigegeben werden. Elefantenfleisch wird in solch einem Fall an die Gemeinde verteilt.“ Störende Tiere oder Herden werden auch mit Hubschraubern wieder in die Naturschutzräume geleitet.

In bestimmten Gebieten zählen wiederum Nilpferde und Krokodile zu den Problememachern für die Gemeinde. Sie suchen nachts mit Vorliebe Farmen auf und zerstören die Ernte. Farmer, die zum Schutz ihrer Felder nachts Wache schieben, werden öfter Opfer von Angriffen der Raubtiere. „Aber Menschen lebten lange vor der Einzäunung von Gebieten in ihren Dörfern in Nachbarschaft mit wilden Tieren“, sagt Roche. „Sie haben Erfahrung.“

In anderen afrikanischen Ländern gibt es keine Zäune zum Schutz von Mensch und Tier. In Sambia hilft der „Elephant Pepper Development Trust“ – mit Unterstützung des Deutschen Entwicklungsdienstes –, Farmer ihr Einkommen zu sichern. Chili wird als Abgrenzung ihrer Felder angebaut und auf lokalen Märkten abgesetzt. Elefanten und andere Tiere mögen keine scharfen Chili-Schoten und lassen die Ernte in Ruhe. MARTINA SCHWIKOWSKI