Autor: Grams erschoss sich selbst

RAF-Experte Butz Peters recherchierte den Tod des Terroristen in Bad Kleinen nach

DRESDEN dpa ■ Die lange umstrittene Frage, ob sich der schon schwer verletzte RAF-Terrorist Wolfgang Grams im Juni 1993 in Bad Kleinen (Mecklenburg-Vorpommern) selbst erschossen hat oder von Sicherheitskräften „hingerichtet“ wurde, will der Journalist Butz Peters jetzt verlässlich geklärt haben. „Alle Aussagen belegen, dass Grams sich – von vier GSG-9-Kugeln getroffen – in auswegloser Situation seine Pistole an die Schläfe setzte und abdrückte“, sagte der Autor und RAF-Experte am Montag der dpa. Peters hat den umstrittenen Anti-Terror-Einsatz in seinem neuen Buch „Der letzte Mythos der RAF“ beleuchtet, das am Dienstag erscheint.

Sein Fazit nach Studium aller Ermittlungs- und Justizakten: „Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Grams erschossen wurde.“ Vor allem die Eltern von Grams hätten aber von einer „Exekution“ gesprochen, die von der Bundesregierung gedeckt worden sei. „Auch renommierte Medien haben diese Theorie immer wieder aus Archiven abgeschrieben“, sagte Peters. „Wer die Fakten kennt, hat keinen Ansatz mehr für eine Verschwörungstheorie.“

Peters sprach mit Tat- und Zeitzeugen, wertete nach eigenen Angaben tausende Seiten Akten aus. Nirgendwo finde sich der geringste Anhaltspunkt dafür, dass an der „Killerthese“ etwas dran sein könnte. Die beiden angeblichen Zeugen für den Mord gebe es in Wahrheit nicht. „Sie sind Medienphantome, aber sie haben sich im öffentlichen Gedächtnis eingebrannt“, sagte Peters. „Die Erklärung einer Kioskverkäuferin, nach der ein Beamter am Kopf von Grams abgedrückt hat, hat ein WDR-Journalist getippt. Laut Staatsanwaltschaft Schwerin hat sich der freie Mitarbeiter den Text ‚zusammengereimt‘.“ Die Kioskverkäuferin habe dafür 250 Mark Informantionshonorar erhalten.

Zeuge zwei, ein angeblich am Einsatz beteiligter „Anti-Terror- Spezialist“, habe den damaligen Spiegel-Redakteur Hans Leyendecker belogen. „Seine Angaben etwa über einen Schuss von Grams-Komplizin Birgit Hogefeld beweisen, dass er nicht vor Ort war“, sagte Peters. Denn fest stehe, dass Hogefeld nicht zur Waffe gegriffen habe. „Aus Dutzenden Zeugenaussagen ergibt sich, dass die Mordthese nicht stimmt. Auch die Gutachten der Gerichtsmediziner und der Ballistiker beweisen unzweifelhaft, dass Grams sich selbst erschoss.“