Heilige Nacht, stille Nacht?

PARTY! Die Grünen in Baden-Württemberg mögen sich das Tanzen nicht verbieten lassen – und wollen das Feiertagsgesetz im Ländle reformieren

Sonntags zwischen 3 Uhr nachts und 11 Uhr morgens sind „öffentliche Tanzunterhaltungen“ verboten

BERLIN taz | Vergnügen aus, Volkstrauer an: In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist das Tanzen laut Feiertagsschutzgesetzen der Länder verboten. Es ist Vokstrauertag. In Baden-Württemberg gibt es 17 weitere Tage mit Tanzverbot, meist aus religiösen Gründen. Der Südwesten hat damit das bundesweit restriktivste Feiertagsgesetz. Die Grünen wollen es jetzt modernisieren.

Mariana Pinzón Becht, Sprecherin des Arbeitskreises Säkularer Grüner in Baden-Württemberg, der den Antrag eingebracht hat, sagt: „Durch staatlich verordnete Tanzverbote wird das religiöse Gebot, gewisse Tage still zu begehen, auf alle angewendet.“ Das gefällt ihr nicht. Ohnehin sei das Gesetz überholt. „Tanzen galt bei der Einführung des Verbots als sittenwidriges Verhalten. Heute gehört es zur Alltagskultur.“ Einige der Verbote leuchten ihr nicht ein. An Weihnachten, einem Fest der Freude und Liebe, nicht tanzen zu dürfen? „Das ist theologisch nicht recht begründet“, sagt sie.

Die Verbote sollen laut Antrag auf eine geringe einstellige Zahl verringert werden. Die Bestimmungen zu Ladenöffnungszeiten sollen nicht berührt werden. Ministerpräsident Windfried Kretschmann hat, überraschend für die Antragssteller, seine Zustimmung signalisiert.

Die bestehenden Regelungen legen etwa fest, dass sonntags zwischen 3 Uhr nachts und 11 Uhr morgens „öffentliche Tanzunterhaltungen“ verboten sind. Veranstalter, die dagegen verstoßen, riskieren eine Geldbuße. Kontrollen sind selten. „Die gelebte Praxis ist sowieso anders“, sagt Pinzón Becht.

Ob Kretschmann aus dem Anliegen eine Initiative der Landesregierung machen kann, ist noch unklar. Die SPD-Fraktion hat bislang keine Meinung, verweist aber darauf, dass Lockerungen in Einzelfällen erlaubt werden können. Die CDU hält den Feiertagsschutz für ein zu heikles Thema, um sich dazu zu äußern, teilt ein Sprecher der Landtagsfraktion mit. LENA MÜSSIGMANN