So klappt’s auch …

...mit dem Pulloverrecycling

VON WALTRAUD SCHWAB
(TEXT) UND ELÉONORE ROEDEL (ILLU)

Man hört sie nicht, man riecht sie nicht. Selten sieht man sie. Wenn man sie sieht, ist es zu spät für Alarm. Motten – sie waren zuerst da.

Wer jetzt den Schrank aufmacht, ganz nach hinten greift, dort wo die Winterpullover aus Wolle sind, einen herauszieht, den Lieblingspullover vielleicht, den weichen, den aus Cashmere, muss damit rechnen, dass es passiert ist: Löcher. Löcher, mitten auf dem Vorderteil. Löcher, dort wo das Herz ist. Das schöne Stück dahin.

Und nun? Zum Flicken, ganz ehrlich, sind die Löcher zu groß – Motten sind gefräßig – auch wenn das gute Stück sonst noch gut aussieht.

Es gibt nur eine Lösung: Den Pullover weiter ruinieren! Jetzt erst recht. Zuerst wird er in die Waschmaschine gesteckt – 60 Grad mindestens. Heiß soll es sein, und mit Waschmittel nicht geizen, ordentlich durchgewalkt soll der Pullover werden, damit er einläuft, damit er verfilzt. Wenn es reine Wolle ist, Wolle vom Tier, funktioniert das. Manche ruinieren sich die schönsten Pullover durchs Waschen, ohne dass vorher Motten drin waren.

Was Sie nach dieser Behandlung aus der Waschmaschine holen, ist nicht nur verfilzt, es ist Filz. Die Wollfäden sind nun so ineinander verhakt, dass das Material geschnitten werden kann, ohne dass die Wolle aufräufelt. Und daraus können Sie Dinge basteln: Eierwärmer für den Anfang.

Die braucht allerdings niemand. Besser sind Handschuhe. Die braucht man immer. Der verfilzte Pullover ist das ideale Ausgangsmaterial für ein oder zwei Paar. Selbst linkisch Veranlagte schaffen das, denn was schon ruiniert ist, kann nun nur noch gewinnen.

Da, auf der Abbildung rechts, ist ein Schnittmuster für Handschuhe aus einem Stück. Das übertragen Sie – sofern Sie kleine Hände haben – auf ein DIN-A4-Blatt. Wenn die äußeren Kanten rechts und links, oben und unten an den Papierrand stoßen, passt das. Für größere Hände passen Sie das Muster auf entsprechend größerem Papier an. Möglich, dass ein wenig herumprobiert werden muss beim ersten Versuch. Und nicht erschrecken: Was Sie da aufzeichnen, wirkt riesig. Selbst wenn Sie denken, das Ergebnis würde einem Boxer zu Ehren gereichen, seien Sie dennoch großzügig mit den Maßen. Das Papiermuster wird dann ausgeschnitten, möglichst zweimal.

Danach legen Sie die Muster einmal von rechts, einmal von links, damit Sie zwei seitenverkehrte Stücke bekommen, auf den eingelaufenen Pullover und stecken sie fest. Ideal ist, wenn der untere Pulloverrand mit dem Bund auch der untere Handschuhrand mit dem Bund wird. Bei Musterpullovern können Sie gar darauf achten, dass die Ornamente auf dem späteren Handschuhrücken richtig platziert sind. Dann schneiden Sie um das Papiermuster herum, nehmen den ausgeschnittenen Stoff, falten ihn wie in der Vorlage in der Reihenfolge A, B, C, knicken das nach unten hängende Daumenteil nach oben und nähen das Stück entlang der Schnittkanten zusammen.

Für Shabby Chic nähen Sie von außen, damit man die Schnittkanten sieht. Soll es etwas edler sein, nähen Sie von innen. Rückstich, Schlingstich, improvisierter Stich – wie’s beliebt. Wenn Sie das alles gemacht haben, wird ein Schuh draus – ein Handschuh.

PS: Ist das noch Recycling oder schon burdaesk? Ja? Nein? Mehr davon? Bloß nicht? Antworten an: sonntaz@taz.de