Mehr als nur ein Branchentreffen

FESTIVALMESSEKONFERENZ In ihrer fünften Auflage ist die „Jazzahead!“ noch einmal gewachsen und entwickelt sich jenseits der Messehallen zunehmend auch zum Festival

Bestimmte Formen des Jazz, sagt Uli Beckerhoff, „brauchen keine Unterstützung“

von Jan Zier

Sie hat sich etabliert, die „Jazzahead!“, keine Frage. Am Anfang, also 2006, herrschte darüber ja noch „leise Skepsis“ in der Stadt, und das nicht allein nur bei Bürgermeister Jens Böhrnsen. Was genau eine „Jazzmesse“ sein könnte – keiner wusste es so recht. Und es ist bislang auch die erste und überhaupt einzige ihrer Art.

70 Aussteller waren vor fünf Jahren zur ersten Jazzahead in die Bremer Messehallen gekommen, und meistens waren sie aus Deutschland. Inzwischen sind es fast 280, und zu drei Viertel kommen sie aus dem Ausland. Der Erfolg des Branchentreffens ist inzwischen so groß, dass es im Herbst in Berlin – analog zur Musikmesse Popkomm – erstmals eine eigene „Jazzkomm“ geben soll. Eine Konkurrenz, die man in Bremen gelassen sieht: „Ich hätte mich nicht getraut, das nachzumachen“, sagt Hans Peter Schneider, Geschäftsführer der Messe Bremen.

Noch immer ist die Jazzahead vor allem eine Mischung aus Fach-Messe, Jazzfestival, Experten-Konferenz und interdisziplinärem Symposium. Aber eine, die jetzt auch stärker in der Stadt selbst ankommt, über den Dunstkreis der üblich Verdächtigen und jährlich wiederkehrenden Insider hinausreicht. Und eine, die sich zunehmend zum Abendfestival mausert. Waren ihre Konzerte schon früher namhaft besetzt, aber eben auf die Messehallen selbst beschränkt, so bespielt die Jazzahead mittlerweile nicht nur den unmittelbar benachbarten Schlachthof, sondern auch das Musical-Theater. Gestern Abend spielten dort John McLaughlin & The 4th Dimension – und der Saal war ausverkauft. Allerdings wird der Mann auch stets als „Gitarrenlegende“ apostrophiert. Er gehört ja zu jener aussterbenden Generation, die noch mit einem wie Miles Davis musizierten. Selbst jenseits der Szene erreicht er eine gewisse Bekanntheit. In diesem Jahr bekommt John McLaughlin den mit 15.000 Euro dotierten Preis der Jazzahead, den zuletzt der britische Sängerin Norma Winstone und dem Konzertveranstalter Karsten Jahnke überreicht wurde.

Insgesamt 31 Konzerte stehen auf dem Programm, wie immer zusammengestellt von Uli Beckerhoff, Professor für Jazz-Trompete in Bremen, und Peter Schulze, ehemals Leiter des Berliner Jazzfests. Und auch wenn sich die Jazzahead, wie Schneider sagt, nie in Richtung Dixieland oder „Tapetenjazz“ weiter entwickeln soll: Man ist jetzt offener für andere Musikrichtungen: Am Sonntag etwa gibt es ab 15 Uhr im Schlachthof ein „Jazz meets Hip Hop“-Konzert, und abends dann, wiederum im Musical-Theater, eine Flamenco-Show mit Gerardo Núñez y Carmen Cortés.

Was nicht heißen soll, dass der Trend zur Beliebigkeit geht: Denn bestimmte Formen des Jazz, sagt Beckerhoff, „brauchen keine Unterstützung“. Und für die anderen gibt es auf der Jazzahead das „German Jazz Meeting“ (GJM), eine zwölfteilige Konzertreihe, für die man sich nicht bewerben kann, sondern vorgeschlagen werden muss. Um sich dann 20 Minuten lang zu präsentieren, vor allem den versammelten Festivaldirektoren, Konzertveranstaltern und Label-Chefs. Heute spielen dort etwa das 20-köpfige Andromeda Mega Express Orchestra, das Trio um den Gitarristen Arne Jansen oder der Pianist Michael Wollny, der jetzt mit der Cembalistin Tamar Halperin kommt und schon mal beim GJM vertreten war. Und so weiter. Die Konkurrenz ist groß: In Deutschland gibt es 18 Hochschulen mit Jazz-Studiengängen. Und jeder vierte Musik-Studierende macht Jazz. Die Szene lebt.

■ Mehr Infos: www.jazzahead.de