EU-HAUSHALT: ZAHMES PARLAMENT GIBT SICH MIT KOSMETIK ZUFRIEDEN
: Straßburg im Berliner Schatten

In viele Politikbereichen bleibt dem europäischen Parlament bis heute nur die Rolle, Ratsbeschlüsse ergeben abzunicken oder folgenlos dagegen zu protestieren. Bei den Finanzverhandlungen ist das anders: Eine Mehrheit muss dem im Rat ausgehandelten Finanzpaket für sieben Jahre zustimmen. Verweigert sich das Parlament, steigt der Haushalt jährlich automatisch um eine bestimmte Rate.

30 Milliarden mehr wären nach dieser Methode im Topf gewesen. Mit 12 Milliarden mehr wollte das Parlament sich bescheiden. Mit allerlei Umbuchungstricks hat es nun vier Milliarden zusammengekratzt. Dieses Ergebnis wollen die Abgeordneten mit dem Argument als Sieg verkaufen, es sei ihnen gelungen, bessere Akzente zu setzen. Ein jährliches Haushaltsverfahren hätte zwar mehr Geld gebracht, aber nichts an den Prioritäten geändert. Das fatale Signal, ausgerechnet bei Forschung und Bildung würde gekürzt, sei nun vom Tisch.

Dieses Argument ist stichhaltig. Es galt aber schon im Dezember, als Staats- und Regierungschefs ein Angebot vorlegten, das vom Parlament kategorisch abgelehnt wurde. Drei Monate zäher Verhandlungen haben nur einen kosmetischen Nachschlag gebracht. Die Drohkulisse, notfalls ohne Finanzvereinbarung von Jahr zu Jahr weiterzuarbeiten, ist wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Mit einer solchen Inszenierung macht das Parlament sich unglaubwürdig und schwächt seine Position in kommenden Konflikten.

Jeder siebte Europaabgeordnete kommt aus Deutschland. Nimmt man die deutschen Sozialisten und Konservativen zusammen, bilden sie einen Block, an dem keiner vorbeikommt. Es war von vornherein klar, dass die große Koalition in Berlin auf die Meinungsbildung in Straßburg abfärben würde. Hätten sich die deutschen Abgeordneten aus SPD und CDU wider Erwarten über innenpolitische Zwänge hinweggesetzt, hätten sie dem EU-Budget nicht geschadet und der eigenen Institution einen enormen Image-Gewinn beschert. Nun wissen die Regierungen, dass sie sich vor Protesten aus dem Parlament auch weiterhin nicht fürchten müssen. DANIELA WEINGÄRTNER