Polizeigewalt gegen Proteste

TÜRKEI Neuer Anlass ist auch ein geplanter Bau auf dem TU-Campus in Ankara

ISTANBUL taz | Mit massiver Gewalt versucht die türkische Polizei derzeit, eine Fortsetzung der Antiregierungsproteste vom Juni zu verhindern. Der bisherige Höhepunkt fand Dienstagabend und in der Nacht zu Mittwoch statt. In Istanbul, Ankara, Izmir und Antakya ging die Polizei mit Tränengas, Wasserwerfern, Plastikgeschossen und Knüppeleinsatz auf überwiegend friedliche Demonstranten los.

Anlass war der Tod des 22-jährigen Ahmet Atakan am Montag in Antakya, der durch ein Tränengasgeschoss, das die Polizei ihm ins Gesicht feuerte, so schwer verletzt wurde, dass er im Krankenhaus starb.

Seit letzter Woche gehen in verschiedenen Städte erneut Tausende auf die Straße, um gegen die Regierung von Tayyip Erdogan zu protestieren. Dieses Mal geht es um das Gelände der Technischen Universität in Ankara. Die Stadtverwaltung will einen kleinen Wald auf dem Campus fällen, um eine öffentliche Straße quer durch das Universitätsgelände zu bauen. Hintergrund ist, dass der AKP-Bürgermeister von Ankara, Melih Gökcek, seit Jahren mit der „linken“ Universität im Streit liegt.

In Istanbul verwandelte die Polizei das Zentrum um den Taksimplatz bereits Stunden vor den angekündigten Protesten in eine belagerte Zone. Als am frühen Abend Demonstranten ein Sit-in auf dem Platz versuchten, wurde sie nach wenigen Minuten mit Wasserwerfern angegriffen. Die Polizei veranstaltete stundenlange Hetzjagden in angrenzenden Bezirken. Beyoglu wurde derart unter Tränengas gesetzt, dass ein Länderspiel der U21-Mannschaft im angrenzenden Stadion von Kasimpasa abgesagt werden musste. JÜRGEN GOTTSCHLICH

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