HANDYS IM AUSLAND: EU FÜR KONSUMENTEN, NICHT FÜR ARBEITNEHMER
: Billiges Roaming schafft keine Europäer

Europa senkt die Preise. Ob Flugreisen, Banküberweisungen oder nun die Einwahlgebühren für ausländische Handynetze: Brüssel sorgt dafür, dass der Binnenmarkt sich von seiner besten, sprich billigsten Seite zeigt. Das funktioniert nicht immer allein nach den Gesetzen der Marktwirtschaft. Den Roaming-Partner zum Beispiel wählt auf Reisen nicht der Handykunde aus, sondern sein heimischer Mobilfunkbetreiber. Da in diesem Fall also die Konkurrenz fehlt, die das Geschäft beleben würde, hilft die EU-Kommission ein bisschen nach.

Damit tut sie auch etwas für ihr eigenes Image, das Politur vertragen kann. Wer im Urlaub zum gleichen Tarif wie zu Hause plaudert, tut sich doch viel leichter, sich als Bürger Europas zu fühlen und die Vorteile einer globalisierten Existenz zu erkennen. Deshalb will die Kommission per Verordnung durchsetzen, dass ab Sommer 2007 keine überhöhten Gebühren mehr verlangt werden.

Sinkende Preise allein machen aber auch nicht glücklich, selbst wenn ein vorbildlicher Verbraucherschutz noch als Zuschlag obendrauf kommt. Der Mensch muss das Geld erst mal verdienen, das er dann für Handygespräche auf Auslandsreisen ausgeben kann. Im Bereich Arbeitsmarktpolitik und soziale Sicherung aber hat die EU-Kommission nach wie vor nichts zu sagen. Wie eh und je verständigen sich in diesen Bereichen die Regierungen auf freiwilliger Basis oder gar nicht. Deshalb brachte auch das Gipfeltreffen am vergangenen Wochenende, das dem Thema Wachstum und Beschäftigung gewidmet war, außer dem Bekenntnis zu fairen Roaming-Gebühren wenig Greifbares.

Die jungen Menschen, die in Frankreich auf die Straße gehen, haben alle Handys. Sie benutzen sie, um ihre Aktionen abzustimmen und sich spontan zu Kundgebungen zu verabreden. Zu glauben, ein europaweit einheitlicher Handytarif würde sie davon überzeugen, dass Gipfeltreffen und Sitzungen der EU-Kommission eine tolle Sache sind, ist naiv. Es stimmt zwar, dass billige Flugverbindungen und Telefongebühren die Menschen in Europa mobiler machen. Glühende Europäer aber werden sie deshalb noch lange nicht. DANIELA WEINGÄRTNER