Rösler will Quote für Landärzte

GESUNDHEIT Minister Rösler will das Problem Ärztemangel lösen – ohne Numerus clausus, aber mit einer Quote

„Auf dem Reißbrett ist vieles richtig – in der Realität ist es oftmals schwieriger“

MARKUS SÖDER (CSU), BAYERISCHER GESUNDHEITSMINISTER

AUS BERLIN GORDON REPINSKI

Philipp Rösler legt nach: Ergänzend zu seinem Vorschlag vom Osterwochenende, die Zugangsregeln für das Medizinstudium an Hochschulen zu erleichtern, will der FDP-Gesundheitsminister nun auch eine „Landarztquote“ einführen. Dies bestätigte sein Ministerium am Dienstag. Der Plan sieht vor, dass Bewerber bei Studienplätzen bevorzugt behandelt werden, wenn sie sich dazu verpflichten, nach dem Abschluss der Ausbildung auf dem Land als Arzt zu praktizieren.

Zuvor hatte Rösler bereits in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gefordert, den Numerus clausus bei Medizin abzuschaffen. Rösler sagte: „Wir haben zwar viele Interessenten, aber nur für jeden Vierten einen Studienplatz, sodass der Numerus clausus mit einem Notendurchschnitt von 1,4 sehr hoch ist.“ Stattdessen will der Minister mehr Gewicht auf persönliche Auswahlgespräche legen. Momentan werden bereits 60 Prozent der Studienplätze in Eigenverantwortung der Universitäten vergeben, weitere 20 Prozent nach Warteliste, 20 Prozent gehen an die Jahrgangsbesten.

Der Hintergrund der Vorschläge ist ein erheblicher Ärztemangel, der in manchen Regionen und medizinischen Fachbereichen auftritt. Besonders im ländlichen Raum fehlen tausende Mediziner. Diese Situation wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken, da besonders im ländlichen Raum viele Ärzte in den Ruhestand gehen werden.

Auf überwiegende Zustimmung stießen beide Vorschläge Röslers in Reihen der Koalition. Der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) sagte der taz: „Die Vorschläge gehen grundsätzlich in die richtige Richtung.“ Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn begrüßte in der Zeitung Die Welt den Vorschlag. Die Koalition solle sich noch vor der Sommerpause auf „Eckpunkte“ einigen, forderte Spahn.

Kritik äußerte CSU-Mann Söder zu dem Vorschlag einer Landarztquote. „Zentralistisch können wir das Problem schwer lösen.“ Söder sagte: „Auf dem Reißbrett ist vieles richtig – in der Realität ist es oftmals schwieriger.“ Söder plädierte stattdessen für die Einführung eines Stipendienprogramms für potenzielle Landärzte und eine Stärkung der Kommunen, die so für die Zukunft Mediziner an sich binden könnten: „Wir brauchen Anreize.“

Auch der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Carl-Heinz Müller, sprach sich dafür aus, die Medizinstudierenden „direkt in den Regionen“ anzuwerben, in denen sie sich niederlassen sollen.

Philipp Röslers Parteikollegin Ulrike Flach gab zu bedenken, dass die angedachte Veränderung beim Numerus clausus nur funktioniere, wenn es auch mehr Studienplätze gebe. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende schlug ein Sonderprogramm vor, das der Bund „über einige Jahre anfinanzieren“ könne und das dann in die Trägerschaft der Länder übergehe. „Das wäre eine Ergänzung zum Hochschulpakt und könnte Bestandteil des Zwölf-Milliarden-Programms der Bundesregierung werden“, sagte Flach.

Die SPD-Politikerin Carola Reimann sagte der taz: „Es ist richtig, darüber nachzudenken, die Zulassung zu verändern.“ Kritik gab es auch von ihr an der Landarztquote: „Die Leute mit schlechtem Abi aufs Land zu schicken, davon halte ich nichts“, sagte die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses.

Sie kritisierte auch den Vorschlag einer Ausweitung der Studienplätze. Da dies Länderangelegenheit sei, könne Rösler keinen Einfluss nehmen: „Er spricht über Dinge, bei denen er nichts zu sagen hat.“

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