SPD will Opfer medizinischer Behandlungen entschädigen

PATIENTENRECHTE Hamburgs Gesundheitssenatorin legt Gesetzentwurf für Härtefallfonds vor

BERLIN taz | Wer in Deutschland falsch von seinem Arzt behandelt wurde, erhält deswegen längst nicht immer Entschädigung. Denn oft ist nicht nachweisbar, dass der Behandlungsfehler ursächlich ist für den Gesundheitsschaden. Diese „Gerechtigkeitslücke“ schließe auch das Patientenrechtegesetz der schwarz-gelben Bundesregierung nicht, monieren Politiker der Opposition seit Monaten.

Am Mittwoch nun hat die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) einen eigenen Gesetzentwurf vorgestellt, wie Opfern medizinischer Behandlungen unbürokratisch geholfen werden könnte: über einen Patienten-Entschädigungs- und -Härtefallfonds. Zu gründen, so die Senatorin, wäre dieser als eine bundesmittelbare Stiftung öffentlichen Rechts, verwaltungstechnisch angesiedelt etwa beim Bundesgesundheitsministerium, finanziert über den Bundeshaushalt. Die Senatorin betonte, sie wolle für eine Umsetzung „im Konsens“ ab dem Herbst werben – unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl.

Der Fonds solle dann greifen, „wenn sehr wahrscheinlich Behandlungs- und Organisationsfehler oder unbekannte Komplikationen bei einem Eingriff zu einem erheblichen Schaden geführt“ hätten, sagte Prüfer-Storcks. Dabei solle auch berücksichtigt werden, wie nachhaltig der Schaden das Leben des Patienten beeinträchtige. Der Fonds springe allerdings nur dann ein, wenn dem Betroffenen über herkömmliche haftungsrechtliche Ansprüche nicht geholfen werden könne, erklärten die Bremer Rechtswissenschaftler Dieter Hart und Robert Francke, die den Gesetzentwurf sowie ein dazu gehöriges Rechtsgutachten hierzu in Prüfer-Storcks’ Auftrag erarbeitet haben.

Der Fonds orientiere sich an Modellen aus Österreich und Frankreich und solle zunächst zehn Jahre lang Modellcharakter haben. Der Bund solle die Stiftung anfangs mit 100 Millionen Euro ausstatten. Nach Schätzungen der Gutachter dürften schlussendlich zwischen 125 und 250 Millionen Euro jährlich nötig sein. Ob der Bund diese Summen dauerhaft allein aufbringen muss, lässt das Gutachten offen: „Ob die PKV [private Krankenversicherung, d. Red.], die GKV [gesetzliche Krankenversicherung, d. Red.] und die medizinisch-stationären Leistungserbringer verpflichtend an der Finanzierung beteiligt werden sollen, ist zunächst eine politische Frage.“

Die Entschädigungen selbst sollten auf 100.000 Euro pro Patient, im Ausnahmefall, etwa bei Geburtsschäden, auf 200.000 Euro begrenzt werden. Aktiv werde der Fonds zudem nur auf Antrag. HEIKE HAARHOFF