Umweltminister Gabriel darf CO2-Aktien nicht wieder verschenken
: Der Fehler im System

Werden Güter teurer, bremst das die Nachfrage. Eine gestaltungswillige Politik macht sich das zunutze: So bewirkte die höhere Zigarettensteuer das Schrumpfen der Rauchergemeinde und hatte die Ökosteuer einen Rückgang des Energieverbrauchs zur Folge. Nun geht es um den Klimaschutz: Bundesumweltminister Sigmar Gabriel will den Klimakiller Kohlendioxid teurer machen, um so dessen Verbreitung zu stoppen.

Vorgänger Jürgen Trittin konnte sich seinerzeit nicht gegen die Industrie durchsetzen: Kostenlos erhielt sie Verschmutzungsrechte – die „Zertifikat“ genannten CO2-Aktien. Das hatte in der Praxis zur Folge, dass zwar der Strompreis stieg, die Emissionen aber nicht sanken. Natürlich ist es richtig von den Energiekonzernen, die Kosten für die Zertifikate auf die privaten Stromrechnungen zu schlagen: Das Handelssystem wurde ja genau zu dem Zweck installiert, „dreckigen“ Strom teurer zu machen. Mit Erfolg: Strom von Eon, RWE und Co ist deshalb heute so teuer, dass Ökostromanbieter konkurrenzfähig sind. Außerdem erhöhen die gestiegenen Kosten den Zwang zu mehr Energieeffizienz. Verbraucherschützer, die die Preispolitik der großen Konzerne angreifen, argumentieren deshalb falsch: Aus Sicht des Klimaschutzes ist das ausgesprochen wünschenswert.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit: Denn die deutsche Industrie hinkt ihrem Klimaziel neuerdings deutlich hinterher. Das zeigt, dass etwas faul ist am System: Wer kostenlos erhaltene Zertifikate auf den Strompreis anrechnen darf, macht einen hübschen Gewinn – ohne einen Finger rühren, sprich in Klimaschutz investieren zu müssen.

Schuld daran sind aber nicht die Konzerne, sondern die Politiker. Umweltminister Gabriel muss sich deshalb entscheiden. Entweder er versteigert künftig den größtmöglichen Teil CO2-Aktien und schraubt gleichzeitig das Reduktionsziel weiter hoch. Eine dann hoffentlich steigende Nachfrage nach CO2-Aktien würde einen Preisdruck auslösen, und damit zu Investitionen in den Klimaschutz führen. Oder aber das ganze System taugt nichts und muss ersetzt werden. NICK REIMER