„Deutsche Waffen überall“

RÜSTUNGSEXPORT Der Journalist Hauke Friederichs hat die Wege des Waffenhandels nachverfolgt

■ 32, freier Journalist, schreibt über Sicherheitspolitik, Entwicklungshilfe und Rüstungsexporte Foto: Arne Mayntz

taz: Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt, Waffen fördern die Sicherheit und den Staatsaufbau in den Krisenregionen der Welt. Was meinen Sie, Herr Friederichs?

Hauke Friederichs: Eine Welt ganz ohne Waffen kann ich mir zwar nicht vorstellen – aber ich kenne nur sehr wenige Beispiele, wo Waffen den Frieden gesichert und Konflikte nicht verschärft haben.

Sie haben drei Jahre lang zum Thema Rüstungsexport recherchiert und haben unter anderem auch Rüstungsmessen in Saudi-Arabien und Afghanistan besucht. Wie verbreitet sind deutsche Waffen in der Welt?

Ich war überrascht, dass man in praktisch jeder Region der Welt deutsche Waffen finden kann – geliefert wird an fast jeden Staat, der zahlen kann. Besonders Kleinwaffen verbreiten sich schnell und sind übrigens auch schon lange im Umlauf. In Pakistan etwa bin ich auf alte Karabiner aus dem Zweiten Weltkrieg gestoßen, die noch immer von der Zivilbevölkerung genutzt werden.

Wird heute denn mehr mit deutschen Waffen gehandelt als früher?

Ja, die Merkel-Regierung genehmigt deutlich mehr Exporte als ihre Vorgänger. Heute gehört Deutschland zu den Top Drei der Großwaffenexporteure, bei Kleinwaffen landen wir sogar auf Platz zwei. In Saudi Arabien wurden ganze Waffenfabriken von deutschen Unternehmen mit aufgebaut.

Wer sind die größten Abnehmer?

Saudi-Arabien nutzt deutsche Waffentechnologie, um in den Bürgerkrieg im Jemen einzugreifen und Bahrein beim Niederschlagen von Aufständen zu helfen. Israel kauft deutsche U-Boote, die wohl mit Atomwaffen bestückt werden können. Die deutsche Regierung fördert ein internationales Wettrüsten, das nicht ihren Sicherheitsinteressen entspricht. Das halte ich für bedenklich.

Kann man den Waffenhandel denn überhaupt richtig kontrollieren?

Möglichkeiten gebe es, etwa durch den Einbau von RFID-Chips und Sendern. Auf diese Weise könnte man jede verkaufte Waffe zurückverfolgen. Doch an so einer Maßnahme haben weder die Industrie noch das Militär Interesse.   INTERVIEW: NIKA

Lesung „Bombengeschäfte. Tod made in Germany“: 18 Uhr, Bestattungsforum Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756