KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MARCUS WOELLER

Schon immer nah am Design, empfahl sich die Künstlerin Katharina Grosse jüngst als Textilgestalterin, denn zur Berliner Fashion Week stattete sie den Modedesigner Julian Zigerli aus. Teils dienten ihr ältere Werke als Vorlage, teils sprühte sie die Farbe direkt auf die Musterteile. Für Zigerlis Kollektion „At the End of the World to the Left“ wurden ihre Kompositionen dann auch direkt auf die Outfits gedruckt. Grosses bunte Farbverläufe und Airbrush-Wolken funktionieren schon auf Wänden, Böden, Möbeln und Skulpturen bestens und sehen nun auch auf Kleidung schön aus. So zeichnete sich die Sportswear des jungen Designers aus der Schweiz als perfekte Unterlage für abstrakte Sprühnebel aus. Für die in Berlin lebende Grosse ergab sich mit dieser Kooperation die Möglichkeit ihre Experimente zwischen Malerei und Raumerfahrung am sich bewegenden Subjekt zu erproben: Zigerli schickte dafür seine Models durch den langen Kellerraum der Galerie Cruise & Callas. Auf diesem Catwalk mussten sie eine bemalte Skulptur von Grosse passieren, vor dem die Overalls, Sportkombis, Brustbeutel, Hemden und Bomberjacken für eine Sekunde zu Tarnanzügen wurden. Die Künstlerin wie der Designer spielen oft mit solchen Camouflage-Effekten. Bei Zigerli kollidierte die Fülle des Farbraums mit der metaphorischen Leere des einfachen, weißen Kleidungsstücks. Dabei traten allerdings nicht nur die funktionalen Details in den Hintergrund. Seine Schnitte liefen insgesamt Gefahr hinter der Dominanz von Grosses Kolorationen zu verschwinden.

Modemacher suchen nicht nur die Nähe der Kunst, sondern gern auch deren Räumlichkeiten auf, um sich von der Uniformität des temporären Zeltbaus am Brandenburger Tor zu befreien, in dem die meisten Shows stattfinden. Aber dann droht der Mode, sich auf verlorenem Posten wiederzufinden: Das Designerduo Perret Schaad begab sich mit seinen gewohnt ausgefeilten Entwürfen diesmal in die monumentale Halle der Neuen Nationalgalerie, in der zudem noch klassizistische Plastiken herumstanden, die für die Ausstellung „Im weißen Licht“ aus der baustellenbedingten Risikoatmosphäre der Friedrichwerderschen Kirche in die Obhut des Mies-van-der-Rohe-Baus gerettet wurden. Gegen diese Überpräsenz von Museumsarchitektur und -kunst hatten die Kleider leider wenig entgegenzusetzen.

Einen geeigneteren Rahmen bot die ehemalige Kirche St. Agnes und baldige Galerie Johann König für die Mode von Kaviar Gauche. Ob es dem kolossal modernistischen Gehäuse aber gelingen wird, ein ebenso gutes Haus für die Kunst wie für die Spektakel zu werden, können erst die Ausstellungen zeigen.