Erst Schlecker, dann Dayli, dann pleite

EINZELHANDEL Die Filialen der ehemaligen Drogeriekette Schlecker in Österreich sind auch unter neuem Namen nicht profitabel. Die Übergabe an einen neuen Inhaber hat die Insolvenz nicht verhindert

WIEN taz | Mehr als 4.000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel: Die österreichische Drogeriekette Dayli hat Insolvenz angemeldet. Die Geschäftsführung wurde in der vergangenen Woche einem Masseverwalter übergeben, der prüfen soll, welche Filialen des Schlecker-Nachfolgers in Österreich, Italien, Polen, Belgien und Luxemburg noch gerettet werden können.

Mit der Insolvenzerklärung ist Inhaber Rudolf Haberleitner einem Ultimatum der Gläubiger zuvorgekommen. Unmittelbar vor dem Schritt hatte der 68-jährige Sanierungsspezialist die Kette zum symbolischen Preis von 1 Euro an seinen Freund Martin Zieger, den ehemaligen Chef der österreichischen Dessousfirma Palmers, übergeben.

Zieger genießt in Wirtschaftskreisen einen guten Ruf – anders als Haberleitner, der Ende der 1980er Jahre bei der Sanierung der Möbelfirma Bobbin vor allem für die eigene Tasche das Maximum herausholte und sich 2001 als Aufsichtsrat einer Bundesagentur von der ÖVP-FPÖ-Regierung mehr als 2.000 Euro täglich bezahlen ließ.

Auf der Suche nach einem Investor hat Haberleitner einem italienischen Betrüger, der 25 Millionen in Aussicht gestellt hatte, einen Koffer mit 1 Million Euro übergeben. Aus dem Firmenvermögen, wie sich jetzt herausgestellt hat. Der vorgebliche Investor ist samt Geld spurlos verschwunden.

In den Filialen herrscht derweil gähnende Leere. Die Regale sind weitgehend unbestückt, weil die Lieferanten seit Wochen nicht mehr bezahlt wurden und daher keine Ware mehr liefern. Deswegen stellen sich auch nur gelegentlich Schnäppchenjäger ein, die hoffen, Katzenfutter oder Rasierschaum zum Liquidationspreis zu bekommen.

Den Verkäuferinnen wurde letzte Woche per Fax ein Maulkorb umgehängt. Mit Journalisten dürfen sie nicht sprechen. Sicher ist aber, dass sie weder Urlaubsgeld noch ihr Junigehalt bekommen haben. Masseverwalter Rudolf Mitterlehner empfiehlt ihnen, Ansprüche geltend zu machen, um Geld aus der Konkursmasse zu erhalten. Sie müssen vor den anderen Gläubigern, denen nur eine Insolvenzquote von 25 Prozent angeboten wurde, ausgezahlt werden.

Unbeirrt vom Kollaps seines Drogerie-Imperiums versprüht Haberleitner in Interviews mit der Boulevardpresse Optimismus und schwärmt davon, sogar neue Dayli-Filialen zu eröffnen. Sein neues Konzept sieht vor, auf ein Franchisesystem umzustellen und die Mitarbeiterinnen als Franchisenehmer einzubinden. So will er die Gewerkschaft ausbooten, die sein früheres Konzept eines Gemischtwarenladens mit Imbiss und Sonntagsöffnung torpediert hatte.

Ein Konzept, das der Masseverwalter für ziemlich illusorisch hält. „Franchising ist ja höchst kompliziert. Kurzfristig ist das nichts“, so Mitterlehner zur Presseagentur APA. Im Moment müsse vielmehr geklärt werden, ob das Unternehmen als Ganzes fortgeführt werden kann oder ob Filialen geschlossen werden müssen, um den Rest fortführen zu können. Die Entscheidung darüber soll noch in dieser Woche fallen. RALF LEONHARD