Karrierekiller Bildung

FRAUEN Die Mädchenfalle schnappt nicht erst im Beruf zu. Rollenmuster und ihre Folgen

Schule: 22 Prozent der Frauen zwischen 25 und 30 haben den Hauptschulabschluss. Der Männeranteil liegt bei 28,2 Prozent. Beim Mittleren Schulabschluss ist das Verhältnis 34,1 zu 30,9 Prozent. Die Hochschulreife haben 39,6 Prozent der Frauen und 36,7 Prozent der Männer. (laut Hans-Böckler-Stiftung 2005)

■ Beruf: 31 Prozent der Führungskräfte sind weiblich. Im Topmanagement finden sich 11 Prozent Frauen, Vorstände sind zu 2,5 und deren Vorsitzende zu 0,5 Prozent weiblich. (laut IGM 2009) CK

VON CAROLIN KÜTER

Ein Drittel der Führungskräfte in Deutschland ist weiblich. Keine schlechte Bilanz, könnte man meinen. Ein genauerer Blick auf die Geschlechterverhältnisse lässt die Euphorie schnell abklingen. Denn nur 0,5 Prozent der Vorstandsvorsitze in Deutschland sind von Frauen besetzt. Eigentlich unerklärlich, vergleicht man diese Zahlen mit dem Verhältnis von männlichen und weiblichen Schul- und HochschulabsolventInnen. Bei der Bildung haben Frauen sogar einen leichten Vorsprung. Auf dem Weg zur erfolgreichen Berufsausbildung oder zum Universitätsdiplom scheinen Hindernisse wie soziale Ungleichheiten und Geschlechterdifferenzen erfolgreich überwunden. Doch woher weht der Karrierekillerwind?

Würden Zeugnisnoten über Erfolg entscheiden, 30 bis 40 Prozent der Führungskräfte wären weiblich

Frauen wählen Ausbildungsberufe, die tariflich geringer bewertet sind. Ein Prinzip, das sich in akademischen Berufsfeldern fortsetzt. Demnach ist die weibliche Selbstfalle leicht identifiziert: eine falsche Fächerwahl, die Frauen trotz guter Noten auf die hinteren Ränge verweist. Sind Frauen also selbst schuld, wenn sie sich in sogenannten Orchideenfächern ausruhen, sich hinter Heim und Herd verstecken, die Ellenbogen hängen lassen, um das Business-Kostüm nicht zu verknittern, und ihren männlichen Kollegen bescheiden den Vortritt gewähren?

Wenn Frauen sich schon bei der Berufs- und Studienfachwahl vertun, wird die Karriereleiter schon auf der ersten Stufe gefährlich steil. Kommen Familienpläne dazu, wird der Aufstieg ein schwer zu bewältigender Drahtseilakt. Gepaart mit Rollenzuschreibungen, die aus Männern angriffslustige Alphatiere und aus Frauen kichernde Mitläuferinnen machen, entsteht eine tückische Kombination aus Fehlentscheidungen und Stereotype, die Frauen in deutschen Führungsetagen nur als Chefsekretärinnen zulässt. Würden allein Zeugnisnoten über den beruflichen Erfolg entscheiden, 30 bis 40 Prozent der deutschen Führungskräfte wären weiblich. Die Tatsache, dass Frauen in Deutschland im Schnitt 23 Prozent weniger verdienen als Männer, kann nicht auf ein unterschiedliches Bildungsniveau zurückgeführt werden. Doch auf dem Bildungsweg bis zum Eintritt in den Arbeitsmarkt verinnerlichen junge Menschen Rollenmuster, die schwer abzulegen sind. Werden Patienten in deutschen Krankenhäusern nur von Krankenschwestern versorgt und finden sich in Germanistikvorlesungen neben dem Professor höchstens eine Handvoll Männer, ist der Bildungsweg bereits von bestehenden Rollenmustern geprägt. Sind Frauen für die Kindererziehung immer noch hauptverantwortlich und vermeintlich männliche Tugenden die Eigenschaften der Entscheidungsträger, sind dies Spätfolgen einer in Stereotypen verharrenden Erziehung und Bildung. Rollenmuster, die Frauen nur selten zu Alphatieren machen, werden so verfestigt. Weibliche Arbeitskraft wird in nur wenigen EU-Staaten schlechter bezahlt als in Deutschland.