Kritische Theorien

Die Frankfurter Schule und die Befreiung der Kreatur: Tagung Hamburger Tierrechtler am Wochenende

Die Hamburger Gruppe Tierrechts-Aktion-Nord (TAN) macht nicht nur gegen Jäger, Kürschner und Schlachter mobil, seit einigen Jahren leistet sie auch Theoriearbeit. So laden die Tierrechtler Ende dieser Woche zu einer öffentlichen „Tagung für eine kritische Theorie zur Befreiung der Tiere“ an die Uni Hamburg. Gemeinsame Plattform der internationalen ReferentInnen, die dort ab Freitag sprechen werden, ist das Gedankengebäude der neo-marxistischen Frankfurter Schule um Theodor Adorno, Max Horkheimer und Herbert Marcuse.

„Die Kritische Theorie hat die Tiere nicht nur als empfindungsfähige Individuen anerkannt“, erklärt TAN-Sprecher André Krebber den theoretischen Ansatz. „Sie hat auch erkannt, dass die Herrschaft des Menschen über die Tiere kein ewig gültiges Naturgesetz ist.“ In ihren Vorträgen begeben sich die Wissenschaftler wie Ben Watson und Esther Leslie so bisweilen auf weitgehend unerforschtes Terrain. Der italienische Philosoph Marco Maurizi referiert am Sonnabend über „Marxismus und Tierbefreiung“ (17.15 Uhr), während tags zuvor der Leipziger Professor Christoph Türcke, Dauergast in den Feuilletons großer Tageszeitungen, um 16.15 Uhr über die „Grenzen der Gleichstellung von Mensch und Tier“ philosophiert. Der Herausgeber von Max Horkheimers gesammelten Schriften, Gunzelin Schmid Noerr, macht sich – ebenfalls am Sonnabend – Gedanken über das „Mitleid mit der gequälten Kreatur“ und spricht über die „Anwesenheit Schopenhauers in der Kritischen Theorie“ (13.15 Uhr).

Politischer Höhepunkt der Veranstaltung ist der Beitrag von Colin Goldner: Der Psychologe und Kulturanthropologe, der mit kritischen Veröffentlichungen über „Die Psychoszene“ und den obskuren Therapie-Guru Bert Hellinger bekannt wurde, widmet sich dem brisanten Thema „Tierrechte und Esoterik“ (Sa., 15 Uhr) und warnt vor der Unterwanderung der Tierrechtsbewegung durch Kirchen, rechte Kultgemeinschaften und Esoteriker.

Am Sonntag sprechen drei erfahrene Aktivisten der Bewegung über Tierliebe, Tierschutz, Widerstandsrecht und den „Holocaust-Vergleich“. Erwartungsgemäß werden sie wohl Herbert Marcuse zitieren, der auf die Frage, welches Projekt er angehen werde, nachdem die befreite Gesellschaft Wirklichkeit geworden ist, antwortete: „Die Tiere befreien natürlich.“ Volker Stahl

17. bis 19. Februar, Uni Hamburg, Institut für Politische Wissenschaft, AllendePlatz 1, Eintritt frei. Infos: www.tierrechts-aktion-nord.de