der rechte rand
: Elternabend mit Nazis

Wegschauen geht nicht: 25 Prozent mehr Neonazis haben die Verfassungsschützer gezählt – für die taz nord beobachtet Andreas Speit den rechten Rand. Kontinuierlich.

Der Landeselternrat (LER) in Mecklenburg-Vorpommern kann Unterstützung eigentlich gut gebrauchen in seinen Bemühungen um ein Volksbegehren gegen das neue Schulgesetz und für kleinere Klassenstärken und kürzere Schulwege. Doch wenn diese – ungefragt – von der rechtsextremen NPD kommt, lehnt die Elternorganisation dankend ab. „Wir lassen uns von keiner Partei vereinnahmen“, sagt die LER-Vorsitzende Anja Ziegon. Die LER ruft deshalb auf seiner Homepage „alle Eltern auf, sich darum zu kümmern, dass rechtes Gedankengut in unserem Land kein Raum geboten wird“.

Die NPD schert diese deutliche Absage jedoch wenig. „Sie werden uns auch in Zukunft an Ihrer Seite haben, wenn Sie Forderungen formulieren, die dem Volkswillen entsprechen – ob Sie wollen oder nicht!“, schreibt Thomas Wulff, NPD-Bundessekretär aus Mecklenburg-Vorpommern in einem offenen Brief an den Elternrat. Schließlich seien die LER-Forderungen „in weiten Teilen die Forderungen der nationalen Opposition, welche sich zuallererst für die Lebensinteressen unseres Volkes einsetzt“, so Wulff. An „unseren Kindern zu sparen“, meint Wulff, Mitglied des Kreiselternrats Ludwigslust, „um etwa das Geld für volksfremde Interessen auszugeben“, sei Verrat an „unserem Volk“.

Nicht immer wehren sich in dem Bundesland die BürgerInnen so heftig gegen die Vereinnahmung ihrer Interessen durch die NPD. Mit bürgernahem Auftreten und Unterstützung kommunaler Belange gewinne sie an „Seriosität“, wie der Landesinnenminister Gottfried Timm (SPD) schon im vergangenen Frühjahr warnte. Diese Tendenz sei geblieben, sagt Mike Hartwig von der „Landesweiten Opferberatung für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern“ (Lobbi). „In bestimmten Regionen sind die Rechten fest verankert“, sagt Hartwig. „Das könnte der NPD den Sprung ins Landesparlament ermöglichen.“ Der Rechtsextremismusforscher Hubertus Buchstein von der Universität Greifswald befürchtet ebenso einen Erfolg der NPD bei den Landtagswahlen im September, warnt aber davon, diesen herbeizubeschwören. Wenn alle vom NPD-Einzug redeten, könne das wie eine „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ wirken.

Die NPD selbst glaubt fest daran, dass sie ihr Bundestagswahlergebnis von 3,5 Prozent verdoppeln kann. „Sieben Prozent plus x“, verkündete NPD-Landeschef Stefan Köster vor zwei Wochen auf dem Parteitag in einem Greifswalder Kleingarten-Vereinshaus erneut. Die NPD vereinbarte dabei nicht nur, die LER-Initiative zu unterstützen, sie will auch weiterhin andere landespolitische Themen wie Arbeitslosigkeit aufgreifen und sich verstärkt bei Bürgerinitiativen und Sportvereinen einbringen. Die gewählte Kandidatenliste zeigt, dass die Partei immer noch eng mit den „Freien Kameradschaften“ (FK) zusammenarbeitet. Auf Listenplatz 2 landete beispielsweise Timo Müller, Kader der FK und NPD.

Dieses enge Miteinander könnte den NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt beunruhigen. Voigt will zwar die „freien Kräfte“ für die Zusammenarbeit gewinnen, dass sie aber die Parteipolitik in einem Landesverband bestimmen, dürfte ihm missfallen. Keine Bedenken hatten die Delegierten hingegen, Stefan Köster auf Platz 5 zu wählen. Köster muss sich wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten. Der NDR hatte ihn dabei gefilmt, wie er nach einer Wahlkampfveranstaltung auf eine am Boden liegende Frau eintritt.