schaut sich in den Galerien von Berlin um

MARCUS WOELLER

Künstler brauchen Inspirationen. Und Kunst ist oft besonders inspirierend. Aus dieser Logik leitet das Humboldt Lab Dahlem als experimentelle Petrischale der noch an der Peripherie liegenden außereuropäischen Sammlungen der Staatlichen Museen neue Ausstellungskonzepte ab. Etwa die Interaktion zeitgenössischer Künstler mit historischen Exponaten. Aus konservatorischen Gründen kann man sie leider nicht auf jedes Original loslassen, schon gar nicht auf einen kostbar geschmückten, chinesischen Kaiserthron. Einer hätte ihn nämlich gern mit dem Beil zerschlagen. Für das „Spiel der Throne“ wurden deshalb maßstabsgetreue Attrappen angefertigt, an denen vier Künstler zukunftsweisende Inszenierungen erproben sollten. Zhao Zhao wollte seinem aggressiven Gestus trotzdem Ausdruck verleihen. Er hat sein Modell mit blutrotem Wachs übergossen, das dekorativ wirkt, aber andeutet, welche Missetaten von diesem Herrschaftssitz einst befohlen wurden. Während sich Kirstine Roepstorff mittels einiger Lampions an der modernen Interpretation eines Thronsaals versucht, befasst sich der Designer Konstantin Grcic mit der Raumsituation, die ein solches Sitzmöbel beeinflusst. Sein Wegesystem aus Geländern legt zwei Kontexte übereinander: Wo früher Untertanen um Audienz ersuchten, werden künftig Museumsbesucher geleitet. Simon Starling ließ sich lieber von der Opulenz des Kunsthandwerks überwältigen und fährt mit der Kamera über die Perlmuttintarsien, um hinter ihrer verführerischen Schönheit eine fast abstrakte Qualität zu offenbaren. Doch den Beamer für die Projektion hat er ganz respektlos auf dem Thronsessel selbst abgestellt. Aber es ist ja auch nur eine „Probebühne“, mit der sich die Dahlemer Museen auf das Rampenlicht vorbereiten, das ihnen erst entgegenstrahlen wird, wenn sie einmal ins Stadtschloss eingezogen sind. (bis 27. Oktober, Di.–So. 10–18 Uhr, Lansstr. 8) Unerkannt will dagegen wohl der Kunstraum Société bleiben. Versteckt im ersten Stock eines Gebäudes, das im Erdgeschoss nach Mietern sucht und sonst hauptsächlich von Möbelhäusern umzingelt ist, verzichtet er auf Außenwerbung und Klingeletikett. Egal, dem geneigten Publikum ist ja kein Treppenhaus zu finster. Schließlich ist am Freitag Vernissage von Timur Si-Qin, der auf der letzten abc – art berlin contemporary ein Türmchen aus Duschgelflaschen mit einem martialischen Schwert aufspießte, auf dass sich die bunte Waschkraft zum psychedelischen Farbwirbel ergoss. Und so jemand will doch wohl Aufmerksamkeit! (Eröffnung: 21. Juni, 19 Uhr, bis 20. Juli, Di.–Sa. 12–18 Uhr, Genthiner Str. 36)