Maulwurf im Ministerium: Apothekerlobby klärt mit auf

SPIONAGE Gutachter erstaunt über Regellosigkeit im Apothekerverband. Pressesprecher unter Verdacht

BERLIN taz | Im Skandal um Spionage im Bundesgesundheitsministerium hat die unter Druck geratene Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) jetzt ein Wirtschaftsprüfungsgutachten veröffentlicht. Es soll belegen, dass die ABDA und ihr Ex-Pressesprecher Thomas B. korrekt handelten, als sie Aufträge an die Berliner Kommunikationsagentur „El Pato“ vergaben. B. hat die Agentur mit gegründet, sie gehört seiner Ehefrau.

B. wird von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, einen mittlerweile geschassten IT-Mitarbeiter aus dem Ministerium dafür bezahlt zu haben, vertrauliche Informationen an ihn weiterzugeben. Viele dieser Interna waren später auf dem von El Pato betriebenen Internetportal „Apotheke adhoc“ zu lesen. Auf die politisch wie juristisch brisante Frage, wie sie dorthin gelangten und was die ABDA-Führung darüber wusste, gibt der „Sonderprüfbericht“ der JPLH Treuhand AG nun zwar keine Auskunft. Wohl aber über die laxen Kontrollen durch den ABDA-Vorstand sowie die erstaunliche Freiheit, mit der der Ex-Pressesprecher B. Aufträge an ihm nahe stehende Personen vergeben konnte: Rund 2,5 Millionen Euro sind demnach zwischen 2007 und 2011 an El Pato geflossen für die „Unterstützung von Kampagnen“, „Faxaktionen“, „Informationspauschalen“ oder die „Unterstützung von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“.

„In einigen Fällen war (…) die Wirksamkeit eines ‚Vier-Augen-Prinzips‘ eingeschränkt, da Herr B. auf der einen Seite die ABDA vertritt und auf der anderen Seite durch seine Verflechtung zur El Pato Ltd bzw. deren gesetzlichen Vertretern hier als diesem Unternehmen nahe stehende Person angesehen werden muss“, beklagt der Bericht. Moniert werden auch erhebliche Mängel in den ABDA-Strukturen: Weder hätten eine Stellenbeschreibung für B.s Tätigkeit existiert noch Vorgaben für Dienstreisen oder die Auftragsvergabe. „Verstöße gegen von der ABDA vorgegebene Organisationsrichtlinien konnten mangels Richtlinien nicht festgestellt werden“, stellt der Bericht lapidar fest.

Aus Ermittlerkreisen hieß es vage, die Anklage gegen B. sowie den Ex-ITler H. wegen Datenausspähung und Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz werde „für den Sommer“ erwartet. B. und H. haben sich bislang öffentlich nicht zu den Vorwürfen geäußert. Gegenüber der taz erklärte B. vor knapp vier Monaten, dazu müsse er erst Akteneinsicht erhalten. Dies ist bislang nicht erfolgt. HEIKE HAARHOFF