„Kapazitäten missbraucht“

RÜSTUNG Atomwaffen töten auch ohne Krieg , sagen die „Ärzte für Verhütung des Atomkriegs“ (IPPNW)

■ 44, ist niedergelassener Internist in Brinkum und Vorsitzender des internationalen IPPNW-Vorstandes.

taz: Herr Pohlmeier, Nordkorea wird sicher ein großes Thema sein beim Jahrestreffen der IPPNW, oder?

Lars Pohlmeier: Auch, aber nicht nur. Die Korea-Krise zeigt, dass die Bedrohung durch Atomwaffen sehr konkret ist, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Regierungen wie die von Nordkorea genau dem folgen, was wir vorleben. Wir sollten erst einmal den Balken im eigenen Auge erkennen. Und wir dürfen nicht vergessen: Atomwaffen töten auch ohne Krieg.

Sie meinen, durch die Auswirkungen von Atomtests?

Dadurch zum Beispiel oder auch durch den Uran-Bergbau. Das wollen wir in einer Ausstellung im Bremer Rathaus sichtbar machen: Die ökologischen und gesundheitlichen Schäden in Nevada, in Grönland oder Australien. Und dann kostet das natürlich auch viel Geld und intellektuelle Kapazitäten.

Was meinen Sie damit?

Viele der klügsten Wissenschaftler befassen sich ausschließlich mit dieser menschenfeindlichen Technologie. Ihre Kapazitäten, die für wirklich wichtige Probleme dringend benötigt würden, werden hier missbraucht.

Wie nehmen Menschen in den westlichen Ländern die Bedrohung durch Atomwaffen wahr?

Als etwas sehr Abstraktes. Dabei ist die Zerstörungskraft enorm – und Bremen als Großstadt ein potenzielles Ziel. Deshalb machen wir am Samstag eine Aktion auf dem Marktplatz, bei der wir die Folgen eines Atombombenabwurfs auf Bremen simulieren.

Die Stadt spielt eine wichtige Rolle als Produktions- und Exportstandort für Rüstungsgüter ...

Ja, und auch das werden wir natürlich thematisieren. Bremen ist nicht nur an den „Mayors for Peace“ beteiligt, sondern auf der anderen Seite auch ein bedeutender Standort der Waffenindustrie, insbesondere der Produktion von Kriegsschiffen.

Hat sich in den vergangenen Jahren etwas geändert an der Rüstungs-Debatte?

Sie ist weniger ideologisch als früher. Dass die IPPNW Kontakte zu hochrangigen Entscheidungsträgern hat, liegt sicherlich daran, dass Ärzte als ideologisch unbelastet gelten. Aber: Die Lage ist besorgniserregend und Kriege sind nicht abgeschafft.INTERVIEW: SCHN

12. bis 14. 4.: IPPNW-Jahrestreffen, Ausstellung „Hibakusha Worldwide“ (13. und 14. 4., untere Rathaushalle, „Target Bremen“ (13. 4., 14 Uhr, Marktplatz), Symposium „Rüstungsproduktion und -konversion in Bremen (14. 4., 9.30 Uhr, Konsul-Hackfeld-Haus)