Lifestyle, Weltanschauung und Umweltschutz

Kaffee Kaffee von Ureinwohnern, kompostierbare Kapseln: Start-ups erobern Nischen, alte Soligruppen haben besseres Sortiment

von Frank Herrmann

So unterschiedlich die Geschäftsideen der jungen und alten Kaffeehändler sein mögen, gemeinsam haben alle eins: Sie verzichten meist auf teure Siegel und stehen mit ihrem Namen für guten Biokaffee, Transparenz und faire Preise. Außerdem wissen sie, woher ihre Kaffeekirschen stammen. Denn Direct Trade bedeutet Kauf direkt beim Kaffeebauern oder einer Kaffeefarm. Damit werden Zwischenhändler umgangen, langfristige Geschäftsbeziehungen sind ebenfalls Teil der Philosophie. So auch bei der Murnauer Kaffeerösterei, die sich selbst als „Vorreiter im deutschen Direct Trade“ sieht und 2015 den Preis „Röster des Jahres“ von der Fachzeitschrift Crema für die hohe Qualität des Kaffees verliehen bekam. Single Finca Kaffees aus den besten Anbaugebieten der Welt hat der Online-Shop Green Cup Coffee im Angebot, ein Tochterunternehmen von Mymuesli.com. Die Spezialität von Coffee Circle sind hingegen handverlesene äthiopische Spitzenkaffees. Ein Euro pro Kilogramm verkauftem Kaffee geht an Entwicklungsprojekte für Kaffeebauern.

Die weltweit ersten kompostierbaren Kaffeekapseln, gefüllt mit biofairem Kaffee, vermarktet das Schweizer Unternehmen Swiss Coffee Company unter dem Markennamen Beanarella. Mit Nespresso-Maschinen ist das System allerdings nicht kompatibel. In Letzteren einsetzbar ist hingegen die erste wieder befüllbare Edelstahlkapsel von My Coffee Star – ihr Einsatz verhindert Aluminiummüll.

Anders als die Kaffee-Start-ups, die fairen Handel und Kommerz verbinden, stehen beim Solikaffee der politische Gedanke, die Selbstbestimmung und die Verbesserung von Lebensgrundlagen lateinamerikanischer Kaffeebauern im Vordergrund. Heutzutage stimmt auch die Qualität, ein Schwachpunkt vergangener Zeiten, als man Nicaragua-Kaffee aus Solidarität und nicht wegen des Geschmacks trank.

Den Kampf indigener Gruppen im Süden Mexikos unterstützt die Hamburger Genossenschaft Café Libertad Kollektiv mit ihrem Solikaffee. Mit viel ehrenamtlichem Engagement vertreiben die Mitglieder des Karlsruher Vereins Liberación fair gehandelten Kaffee aus Kuba und Mittelamerika. Der Düsseldorfer Verein ProGua fördert benachteiligte Bevölkerungsgruppen in Guatemala. Unter dem Markennamen Mocino vertreibt er einen qualitativ hochwertigen Fairtrade-zertifizierten Biokaffee.

Die 1980 gegründete Berliner Handels- und Verlagsgesellschaft mbH Ökotopia, die faire Beziehungen zu Mitarbeitern, Kunden und Produzenten propagiert, bietet biofaire Kaffees aus Südamerika an. Ökotopia ist Mitglied der Mittelamerika Kaffee Im- und Export Gmbh (MITKA). Diese wiederum ist ein Zusammenschluss neun alternativer Kaffeehändler, darunter die bekannten Fairhandels­importeure dwp und El Puente sowie der Hamburger Verein el rojito und Venceremos – eigentlich spezialisiert auf Papierwaren.

MITKA importiert jährlich rund 250 Tonnen Kaffee und zahlt den Partnerkooperativen in Mexiko und Mittelamerika einen Preis, der über dem Fairtrade-Preis liegt. Mehr als Fairtrade zahlt auch die Urwaldkaffee GmbH für den Kaffee der Kogi-Indianer in Kolumbien. Um ihre Kultur und Natur zu bewahren, kaufen die Kogi mit den Gewinnen aus dem Kaffeeanbau ihr altes Land und insbesondere ihre heiligen Plätze zurück, die ihnen im Laufe der letzten 500 Jahre geraubt worden sind.